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"Jeder Baum ist eine Persönlichkeit"

Wälder werden für den Klimawandel gerüstet

Martin Fink in seinem jungen Eichenwald. (Bild: pst)

Die Trockenheit der vergangenen Jahre hat den Wäldern zugesetzt und die Situation wird sich wegen des Klimawandels noch verschärfen. Von Waldsterben will Martin Fink, Vorsitzender der Waldbesitzervereinigung Starnberg (WBV) jedoch nicht sprechen. Im Gegenteil: „Ich bin sehr optimistisch, dass der Wald überlebt, allerdings müssen Maßnahmen ergriffen werden“ und es darf nicht abgewartet werden. „Wir schaffen das mit Naturverjüngung“, ist der Gilchinger sicher. Die WBV betreut über 1.000 Hektar Privatwald für den die Mitglieder Waldpflegeverträge abgeschlossen haben. Die Vereinigung pflanzt in gefährdeten Waldgebieten unter dem Altbestand neue Bäume, so dass bereits Ersatz, der besser an die Klima- und Bodenbedingungen angepasst ist, nachwächst.

Dank einer Kartierung sind die Bodenverhältnisse in den Landkreiswäldern genau aufgelistet. Je nachdem, ob ein Boden kiesig, feucht, sauer, humusreich ist – um nur einige zu nennen – wachsen darauf Bäume mehr oder weniger gut. Jede Baumart stellt andere Ansprüche an ihren Standort und wird mit einer Schulnote aufgeführt. Dabei können sich die Verhältnisse bereits nach wenigen Metern ändern. Die Kunst ist es, gut bewertete Baumarten zu fördern, die allmählich die schlechteren ersetzen, allerdings nicht ganz, denn eine Mischung aus zehn verschiedenen Baumarten sei das Ziel, so Fink. „Aktive Waldbewirtschaftung“ nennt es Fink.

Wildverbiss ist ein Problem

In einem Waldstück in Geisenbrunn zeigt Fink auf seine Karte. Hier haben Tanne, Ahorn und Buche eine eins, Fichte und Douglasie die Note zwei und die Kiefer eine fünf. 50 Meter weiter befindet man sich an einem komplett anderen Standort, an dem die Fichte die Note fünf hat. Mit bloßem Auge erkennt man, dass dieser Fichtenwald kleiner und kümmerlicher aussieht. Den kalkreich kiesigen Boden am Beginn der Münchner Schotterebene vertragen dafür Eichen, Buchen, Tannen und Ahorn besser. Ein Fichtenwald an einem schlechten Standort wird den Klimawandel nicht überstehen, befürchtet Fink. Obwohl es auch dort Bäume geben wird, die es aushalten. Deren Samen gilt es weiterzugeben, so dass sich die Bäume allmählich anpassen können. „Jeder Baum ist eben eine eigene Persönlichkeit“, findet Fink.

Ein Problem ist der Wildverbiss. Im Wald zeigt Fink auf junge Ahornbäume, deren Triebe komplett abgebissen wurden. Andere wurden mit einem Schutzgitter ummantelt, aber das ist zeitaufwändig und teuer. Für einen gelungenen Wald sei es wichtig immer wieder auszulichten oder im Gegenteil nachzupflanzen, um zu beschatten. „Buchen mit ihren Blättern können einen Wald um ein bis zwei Grad kühler machen“, weiß Fink. Wenn die Natur sich selbst überlassen bliebe, dann würde es in Bayern langfristig nur mehr Buchenwälder geben. Doch Fichtenholz wird vom holzverarbeiteten Gewerbe am meisten nachgefragt.

Chance genutzt

Mitten im Wald steht eine abgestorbene Buche voller kleiner Löcher. Es ist ein Spechtbaum, klärt Fink auf. Die Löcher hat der Vogel gemacht, um an Insekten zu kommen. Die Waldbesitzer wollen solche Bäume verstärkt stehen lassen, um eine größere Biodiversität zu bekommen.

Am Schluss führt Fink seinen eigenen Wald vor. Nach dem Sturm "Wiebke“ waren die meisten Bäume umgefallen. Fink nutzte die Chance und ersetzte die Nadelbäume, die hier die Note 4 hatten, durch besser bewertete Eichen und Linden. Weitere Baumarten durchmischen den Wald, auch wenige Fichten stehen noch. Finks Augen beginnen zu leuchten, als er die schon ordentlich in die Höhe gewachsenen Bäume betrachtet. Den Eichenwald in seiner vollen Pracht werden aber erst seine Urenkel genießen können.

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