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Hühnermaler trifft Schlafbunker

Literarischer Herbst führt wieder zu vielen ungewöhnlichen Orten

Der bekannte Cartoonist Peter Gaymann (rechts) lädt beim "Literarischen Herbst" in sein neues Atelier ein. Neben ihm Barbara Beck vom Landratsamt und dahinter die beiden Masterminds der Veranstaltungsreihe, Gerd Holzheimer und Elisabeth Carr. (Bild: Susanne Hauck)

Den Cartoonist Peter Gayman mit seinen lustigen Hühnern, die dieselben Probleme wie die Menschen haben, kennt jeder. Nicht nur aus der „Brigitte“, für die er seit 29 Jahren in jeder Ausgabe das liebe Federvieh Paarbeziehungen aufarbeiten lässt. Letztes Jahr ist der Zeichner von Köln nach Neufahrn bei Wangen gezogen. Es sei nicht leicht gewesen, das passende Objekt zu finden, vier Jahre habe er gesucht, erzählt Gayman, aber dann hätten sie das ehemalige Gasthaus „Marienhof“ gekauft. „Sauwohl“ würden er und seine Frau sich fühlen, obwohl Freunde sie gewarnt hätten, nach Bayern zu ziehen, weil die Einheimischen nicht mit jedem reden würden. Am 28. September lädt der Cartoonist in sein Neufahrner Atelier ein und wird über seine Arbeit erzählen und humorvolle Texte von Autoren wie Janosch lesen. Gaymann ist einer der Highlights vom diesjährigen "Literarischen Herbst", eine Veranstaltungsreihe, die der Schriftsteller Gerd Holzheimer und die Kunstgestalterin Elisabeth Carr 2002 anlässlich des 100-jährigen Landkreisjubiläums ins Leben riefen. Was als einmalige Sache geplant war, nämlich ungewöhnliche Räume mit poetischem Leben zu erfüllen, habe sich längst zum Kult entwickelt, erzählt Carr. So ein Ort, der für die Öffentlichkeit sonst nicht zugänglich ist, ist auch der „Schlafbunker“ im ehemaligen Max-Planck-Institut in Erling-Andechs. Einst wurde hier weltberühmte Schlafforschung betrieben, seit längerem liegt das Gelände im Dornröschenschlummer und erwacht mit einem Festspiel zu neuem Leben, auch Schlafprofessor Jürgen Zulley ist dabei.

Colonia Dignidad

„Auf der Suche nach der Wahrheit“, unter diese Überschrift haben Holzheimer und Carr den "Literarischen Herbst" gestellt. Das passt sehr gut zu einem Abend, der die finstere Geschichte der Sekte „Colonia Dignidad“ in Chile aufgreift, und zwar auf dem Gelände der Asklepios-Klinik in Gauting (22. September). Etliche Bauten dienten nämlich als Kulisse für den gleichnamigen Film, der auch gezeigt wird. Buchautor Horst Rückert erzählt von seinen Recherchen.

Ideen gehen nicht aus

Zu den weiteren Veranstaltungen gehört eine Naturwanderung mit „poetischen Blüten“ mit Rilke und Keats am Maisinger See nach Jägersbrunn, der ältesten Jugendherberge Bayerns, dem heutigen Tabaluga-Haus von Peter Maffay (30. September). Oskar-Maria-Graf-Kennerin Katja Sebald begibt sich auf die Spuren des Berger Dichters und schaut ins uralte Johanniskircherl (6. Oktober), dann geht es in die „Unterirdischen Kathedralen“ ins Mühltal, sprich den Wasserhochbehälter und das denkmalgeschützte Pumpwerk (13. Oktober). Den Abschluss macht das Untere Schloss Pähl, hier steht Josef Oberberger im Fokus, ein Meisterschüler des renommierten Malers Olaf Gulbransson. Auf die Frage, ob ihnen denn nicht langsam die Ideen ausgehen, winken Carr und Holzheimer ab. Sie würden sich nicht Sätzen wie „in vier Wochen müssen wir was haben“ unter Druck setzen. Erst würden sie „vor sich hinspinnen“, aber ab dem März konkret werden. Oft böten sich Gastgeber auch von selbst an. Dazu kann Holzheimer eine Anekdote erzählen. Dass er sich nämlich einen frechen Spruch in letzter Sekunde verkniffen hat, darüber ist der Schriftsteller noch jetzt dankbar. Vor Jahren habe ihn bei einer Veranstaltung eine zwar vornehm wirkende, aber ihm unbekannte Dame angesprochen, ob der „Literarische Herbst“ nicht auch einmal bei ihr stattfinden könne. Fast sei ihm rausgerutscht „da kunnt ja jeder kemma“, aber dann erkundigte er sich doch höflicherweise nach dem Namen. „Marie von Miller“, antwortete die potenzielle Gastgeberin, die den historischen Familiensitz in Niederpöcking zur Verfügung stellen wollte. Der Abend kam übrigens zustande.

Genaue Programminfo über den "Literarischen Herbst" gibt es im Internet unter www.kunstraeume-am-see.de.

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