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Einmaliges Lebensgefühl

Eine Ausstellung zeigt Bilder, die sonst in privaten Villen hängen

Für Museumsleiter Benjamin Tillig und Kunsthistorikerin Katja Sebald ist die Ausstellung "Malerisch - Villen und Künstler am Starnberger See" etwas ganz Besonderes. (Bild: Stadt Starnberg)

Es sind Bilder, die normalerweise vor neugierigen Blicken verborgen sind, weil sie in den Privaträumen der historischen Villen rund um den Starnberger Seen hängen. Sie zeigen die stolzen Besitzer und ihre prächtigen Familiensitze, geben aber auch intime Einblicke in das gesellschaftliche Leben und das Lebensgefühl von einst. Initiatorin der Ausstellung "Malerisch - Villen und Künster*innen am Starnberger See" (bis 6. März) war die Kunsthistorikerin Katja Sebald, die Zutritt zu den Villen hatte. Ihr sind die Gemälde im Rahmen ihrer Recherchen für das Buch „Seensucht Starnberger See" aufgefallen. Von dem, was die Wände schmückte, sei sie immer wieder begeistert gewesen, wie sie bei einem Pressegespräch im Museum Starnberger See erzählt. Daraus eine Ausstellung zu machen, die Bilder in echt zu zugänglich zu machen, anstatt nur als Abbildung im Buch zeigen, das habe sie sehr gereizt.

Museumsleiter Benjamin Tillig war von der Idee gleich angetan. Für ihn ist die Kunstgeschichte in Starnberg bis jetzt sowieso zu kurz gekommen. „Obwohl es seit jeher eine kunstaffine Atmosphäre gab, weil die Großbürger ja Maler von Rang und Namen beauftragten und einige sehr erfolgreiche Künstler hier lebten, wie Moritz Schwind, Franz von Lenbach, Ferdinand von Miller oder Gabriel von Max“, sagt Tillig. Und die Auftraggeber waren anspruchsvoll. „Sie wollten nicht nur ihre Häuser abgemalt haben, sondern ein bestimmtes Lebensgefühl damit ausdrücken.“ So sind die Werke nicht nur wegen ihrer kunsthistorischen Bedeutung, sondern auch als Zeitdokumente wertvoll.

50 Werke

Tillig freut sich, dass so viele Leihgeber bereit waren, ihre Bilder zur Verfügung zu stellen. Viele der 50 Werke werden jetzt zum allerersten Mal ausgestellt. „Das macht die Ausstellung zu etwas Besonderem.“ Dazu steuert das Museum auch eine hochkarätige Neuerwerbung bei, das Bild „Im Park der Villa Knorr“ von Wilhelm Trübner, das mit Hilfe des Freundeskreises des Museums gekauft werden konnte.

Eines der schönsten Bilder heißt „Frühstück in Max Halbes Garten“, eine Leihgabe vom Münchner Lenbachhaus, gemalt 1899 von Lovis Corinth. Der Schriftsteller Max Halbe hatte die kleine Bernrieder Villa als Ferienhaus gemietet, die er in seinem autobiografischen Roman „Jahrhundertwende“ als Treffpunkt der Münchner Bohème beschrieb. Wie sich die Ahnherren haben abbilden lassen, spricht Bände. Angelo Knorr etwa, der betuchte Besitzer einer der prächtigsten Villen in Niederpöcking, zeigt sich dem Betrachter mit luxuriösem Pelzkragen. „Pelze trugen sonst nur Monarchen“, erklärt Tillig dazu. Ganz anders hingegen ein späterer Zeitgenosse, der weit nüchterner gemalt ist. Der Chemiker und Verleger Hans Carl war ein moderner Familienvater, der von der Lebensreformbewegung seiner Zeit begeistert war und sich von Architekt Richard Riemerschmid in Feldafing ein entsprechendes Jugendstil-Landhaus entwerfen ließ. Lothar-Günther Buchheim hat den Bauherrn porträtiert.

Geisterecke

Sogar eine „Geisterecke“ gibt es in der Ausstellung. Albert von Schrenck-Notzing, Besitzer der gleichnamigen Villa, wurde als „Geisterbaron“ berühmt. Der Arzt und Psychotherapeut widmete sich ganz seinen neuartigen Therapiemethoden und Experimenten auf dem Gebiet von Hypnose und Parapsychologie. Auch der Künstler Gabriel von Max malte seinen neuen Besitz in Ammerland, ein sommerliches Idyll mit grünen Fensterläden, das heute bekanntlich so heruntergekommen ist, das es kaum mehr wiederzuerkennen ist. Die Villa Max war aber auch Schauplatz von Séancen und spiritistischen Zusammenkünften. Im Jahr 1884 fanden sich bei einer Tagung der Theosophischen Gesellschaft die bekanntesten Geisterbeschwörer der Zeit unter der altehrwürdigen Holzdecke im Speisezimmer ein.

Auch das Bild von der Villa gibt selbst Rätsel auf. Im Vordergrund ist unterhalb der flatternden Wäscheleine ein Gefährt mit großen Rädern zu sehen, das weder Katja Sebald noch Benjamin Tillig eindeutig identifizieren konnten. Womöglich ist es ein altmodischer Rollstuhl oder Kinderwagen.

 

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