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Ein Tunnel als Zeitmaschine

Gilchinger Geschichte auf 65 Quadratmetern Fläche

Als Kelte hatte sich Rathausmitarbeiter Wolfgang Rapp verkleidet. (Bild: pst)

Das letzte Motiv sprayte der Gilchinger Graffiti-Künstler Lando unter den Augen der Ehrengäste auf den Eingang des Tunnels: „Zeitreise-Tunnel“ steht jetzt beiderseits der Unterführung unter der Westumfahrung. „Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal einen Tunnel einweihen würde. Das klingt sehr technisch und hat so gar nichts mit Geschichte oder Archäologie zu tun“, erklärte Annette Reindel, Vorsitzende des Zeitreise-Vereins. Doch beim Zeitreise-Tunnel handelt es sich nicht um einen gewöhnlichen Tunnel. Er liegt auf der antiken Via Julia, einer wichtigen Handelsroute von Günzburg nach Salzburg und der heutigen Römerstraße. Das Bauwerk wurde auf rund 65 Quadratmetern Fläche mit Motiven aus den unterschiedlichen Zeitepochen besprüht.

Die „Zeitreise“ beginnt am Ende der Würmeiszeit und endet im letzten Jahrhundert. Die Szenen, die mit Hörgeschichten ergänzt werden können, lassen Geschichte lebendig werden. Da geht es um eine Hockerbestattung eines Mannes aus der Bronzezeit und endet mit dem Bomberabsturz im zweiten Weltkrieg auf dem Ölberg. Elf Motive reihen sich an beiden Seiten der Tunnelwände. Im "Zeitreisetunnel" finden die Besucher Abbildungen von Grabfunden, Exponaten und archäologischen Relikten, die auch in der Schichtwerk-Ausstellung im Werson-Haus sowie an den Stationen der "Via Zeitreise"-Touren ausgestellt sind beziehungsweise besichtigt werden können.

"Das nicht so Offensichtliche sichtbar machen"

Durch den Tunnel werde Geschichte vor Ort „ganz besonders erlebbar“, sagte Reindel. Als „Highlight für Gilching“ bezeichnete Sabine Mayer vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege den Zeitreise-Tunnel. Erinnerungen an das „Alte“ würden durch das moderne Bauwerk sichtbar. Um an den „normalen Menschen von damals ranzukommen“, sei es wichtig, "das nicht so Offensichtliche sichtbar zu machen anhand der Quellen aus dem Boden". Dem Gilchinger Bürgermeister Manfred Walter gefällt der Zeitreisetunnel so gut, dass er sich ähnliche Projekte auch an anderen Unterführungen vorstellen könnte. „Lauter Zeitreisetunnel entlang der Straße bis nach Augsburg“, schwärmte er.

Als „Fan der Römerzeit“ outete sich der Starnberger Landrat Stefan Frey. Besonderes Lob gab es für die vielen Ideen der Vereinsvorsitzenden. „Sie zaubern immer wieder Neue aus dem Hut“, sagte er zu Reindel. Für die musikalische Umrahmung sorgte die Rathausband mit den Bandmitgliedern Jürgen Grübler, Maximilian Polz, Stefan Greis, Jan Haas, Jakobus Ciolek und Julia de Christofaro. „Kilti und der Zeitreisetunnel“ lautete ein Song, der dem neuen Tunnel gewidmet war und in dem im Refrain von einer Reise in die Epoche von „Kunigunde, Klara und Adelheid, Gundel, Thusnelda und Helena“ gesungen wurde.

Die Einweihung nutzte Reindel, um eine Neuigkeit mitzuteilen. „Die Zeitreisen werden weiter gehen“, jubelte sie. „Wir sind eines von 80 Projekten für zukunftsfeste regionale Museen und Bodendenkmäler im ländlichen Raum in ganz Deutschland, die vom Verband für Archäologie gefördert werden“. Dem Antrag auf Überarbeitung und Erweiterung der Via Zeitreisen, an den der Tunnel angeschlossen werden wird, sowie dem Antrag eine App zu erstellen, wurde stattgegeben. Gefördert wird es im Rahmen des „Soforthilfeprogramm Heimatmuseen“.

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