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Rubrik: Gesamt · Ort: fuenfseenland
Die Brille in der Spülmaschine
Mehr Verständnis für Demenzkranke - eine Ausstellung will helfen
In der Region gibt es viele Hilfsangebote. Ansprechpartnerinnen (von links) sind: Corinna Bürger (Ilse-Kubaschewski-Stiftung), Angelika Büschel (Sozialpsychiatrischer Dienst Starnberg), Petra Fontana (Fachstelle für Senioren), Barbara Schachtschneider (Fachstelle für pflegende Angehörige), Christine Gunz-Kahlau (BRK), Christine Offtermatt (Seniorentreff), Aloisia Chiera (Klinikum Starnberg). Die Ausstellung eröffnete Karl Roth. (Bild: Hauck)
„Ich suche meine Brille!“, sagt der Mann. „Schau mal in die Spülmaschine!“, ist die Antwort seiner Frau. Karikaturist Peter Gaymann, der seit kurzem in Neufahrn lebt, bringt mit vielen Beispielen solche Alltagssituationen auf den Punkt. Auch wenn Demenz nicht zum Lachen ist, Humor macht das Leben mit der Krankheit leichter. Das findet auch Landrat Karl Roth, der kürzlich Woche die Ausstellung „Was geht. Was bleibt. Leben mit Demenz“ im Landratsamt Starnberg eröffnete, die mit Gaymanns Zeichnungen ergänzt ist. Von Demenz sind viele betroffen: „Eine Prognose sagt für das Jahr 2020 im Landkreis 3.300 Beeinträchtigte voraus“, so Roth. Die Ausstellung, die als zentrales Element einen Riesenkopf als Regal beinhaltet, in dem Zitate und Gegenständen einen Eindruck geben, wie sich das Leben der Betroffenen verändert. Zitate wie dieses: „Alle sagen, das sind Familienfotos. Aber manche Personen auf den Bildern kenne ich gar nicht. Oder?“
Ängste und Tabus abbauen
„Wichtig ist der Bewusstseinswandel in der Gesellschaft“, darauf weist Petra Fontana von der Fachstelle für Senioren hin. Es geht darum, Ängste und Tabus im Umgang mit den Kranken abzubauen. Aber auch darum, sie und die Angehörigen über Hilfe im Landkreis zu informieren. Im Seniorentreff Starnberg gibt es etwa eine Wohnberatung. Eine Sicherung an der Tür oder einen Chip zur Ortung, das sind Hilfsmittel, die verhindern, dass die Senioren auf und davon marschieren und sich dann verirren. Im Krankenhaus hat man gute Erfahrung gemacht mit zeltähnlichen Betten, in denen sich die Patienten beschützt wie in einer Höhle fühlen und deshalb nicht mehr weglaufen wollen, das berichtet Aloisia Chiera vom Klinikum Starnberg. Auch das Rote Kreuz, die Gerontopsychiatrische Fachberatung, der Sozialpsychiatrische Dienst Starnberg und die Ilse-Kubaschewski-Stiftung bieten spezielle Beratungsangebote.
Einfache Tipps
Die Ausstellung selbst gibt viele Tipps für den Umgang mit Demenzkranken. Viele verblüffend einfach, aber sehr hilfreich für die räumliche und zeitliche Orientierung, wie ein auf die Toilettentür geklebtes „WC-Piktogramm“ oder ein übergroßer Kalender in der Wohnung. Wichtig ist auch die richtige Kommunikation. Man meint es gut, aber sagt das Falsche. Bloß nicht ständig „Warum“ nachfragen, das macht die Unterhaltung mit Demenzkranken schwierig, weil es sie irritiert. Genauso wenig empfiehlt es sich, sie ständig auf ihre Defizite hinzuweisen. Viel besser ist es, ihr Gedächtnis mit Fotos und Biografiearbeit zu aktivieren. Und sie darin zu bestärken, was sie noch können, selbst wenn das Zubereiten einer Mahlzeit ewig dauert. Vielleicht das Wichtigste: sie ernst nehmen.
Die Ausstellung ist noch bis 1. Februar im Landratsamt aufgebaut. Wer über die ausliegenden Flyer und Broschüren hinaus persönliche Ansprechpartner sucht, hat am 29. Januar Gelegenheit, das offene Beratungsangebot zu nutzen.
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