Der Biber ist ein Fisch
Heute geschütztes Tier war eine Fastenspeise

Ein sicheres Leben führt der Herrschinger Biber heute am Ammersee. Früher galten Biber als Fastenspeise. (Bild: E.u.C.Schiller)
Die Bäume am Herrschinger Ammerseeufer sind mit Maschendraht ummantelt. Es dient dem Schutz vor den scharfen Zähnen der Biber. Das lange in Bayern ausgestorbene Tier hat sich seit der Wiederansiedlung vor etwa 50 Jahren prächtig erholt. Vor 20 Jahren sind die Biber an den Ammersee zurückgekehrt. Vor rund zwei Jahren hatte Bürgermeister Christian Schiller sogar zu einer „Bibersafari“ an den See geladen, um die possierlichen Tiere zu beobachten. Etwa 200 Bürger hatten teilgenommen, was auf die große Sympathie rückschließen lässt, die diesem Nager entgegengebracht wird. Der Biber ist streng geschützt. Das war nicht immer so. Im Mittelalter wurde das Säugetier sogar als Fastenspeise zubereitet. Die Fastenzeit bei den Katholiken beginnt traditionell am Aschermittwoch und dauert 40 Tage bis Ostern. An den Fasttagen war der Genuss von Fleisch verboten. Fische zählten nicht dazu und damit kommt man zum Biber. Diese Tiere wurden nämlich als Fisch angesehen, da sie im Wasser schwimmen und nicht auf dem Wasser wie beispielsweise Ente oder Gans, die natürlich verboten waren. Ein Biber, der bis zu 30 Kilo schwer werden kann, gab somit einen vortrefflichen Fastenbraten ab.
Das Fleisch soll vom Geschmack her Kaninchen geähnelt haben. In einer Kochbuchsammlung aus dem Kloster Andechs wird aus einem Rezept für einen Biberschwanz aus dem 18. Jahrhundert zitiert: „Koch ihn mit Wein und Salben, wie ein Aal. Du kanst ihn auch auf einem Rost braten, mit Salbey bestecken, und mit Butter und Pfeffer begiessen“. Gewürzt wurde mit „Cappern“, „Kernen aus einer Zitrone“, „Ingber“ und „Muscatenblumen“. Auch die Klauen des Tieres wurden verwertet und zur Brühe ausgekocht.
Starkbier als Fastentrank
Heute greift man lieber zu einem modernen Rezept aus dem Kloster, wie die „Fastenbiersuppe mit geräucherter Forelle“. Hier werden Forelle, Brühe, eine Tasse Bier, 2 Tassen Joghurt, Petersilie, Curry, Salz und Pfeffer zu einer schmackhaften Suppe verarbeitet.
Bier galt übrigens in früheren Zeiten als „flüssiges Brot“ und durfte getrunken werden nach dem Motto: „Flüssiges bricht Fasten nicht“. Um während der Fastenzeit ein besonders nahrhaftes Bier zu haben, kamen Mönche auf die Idee, Starkbier zu brauen. Die Genehmigung dazu musste in Rom eingeholt werden. Ein Fässchen Bier wurde also über die Alpen geschickt, dabei kräftig durchgeschüttelt und durch die Sonne erwärmt. Als es beim Heiligen Vater ankam, war es sauer geworden und schmeckte so grässlich, dass der Papst es als würdigen Fastentrank genehmigte.
Das Starkbier ist nach wie vor beliebt, der Biber längst von der Speisekarte gestrichen. In der Gemeinde Herrsching gibt es extra Biber-Berater, die zwischen den Tieren und den Interessen der Allgemeinheit vermitteln. Nicht jedem gefällt es, wenn die Nager Bäume fällen oder ihre Biberburgen an ungünstigen Stellen anlegen. Biberberater zeigen dann beispielsweise Gartenbesitzern, wie sie Bäume bibersicher machen können.
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