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"Bahn frei für uns!"

Radlfreunde wünschen sich mehr Radlwege

Ende Gelände: Am Starnberger Ortseingang in der Possenhofener Straße hört der Fahrradweg auf und die Radler müssen auf die Straße. (Bild: Hauck)

Radlfahren ist umweltfreundlich und es macht fit. Zudem hat Corona die Radlbegeisterung angeschoben wie nie. Selbst Leute, die noch nie oder lange nicht mehr im Sattel saßen, kauften sich Bikes wie verrückt. Jetzt wird sich zeigen, ob sie das Fahrrad über den Freizeitspaß hinaus als nachhaltiges Alltagsverkehrsmittel entdecken. Denn wenn sie dauerhaft vom Auto aufs Radl umsteigen sollen, muss ein attraktives Radverkehrsnetz vorhanden sein, mahnen kritische Stimmen.

Pandemiebedingte Verkehrswende?

Zwar hat sich Starnberg 2013 als fahrradfreundlicher Landkreis zertifizieren lassen. Aber es ist seitdem zu wenig passiert, findet etwa Heinz Moser. „Im Herbst 2016 beschloss der Kreistag zwar ein gutes Alltagsradwegenetz“, so der Vorsitzende des Starnberger Kreisverbands des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). „Doch bislang sind nur wenige Maßnahmen umgesetzt. Die meisten sind geringfügige kostengünstige, so genannte „Quick Wins.“ Für Moser ist das Hauptproblem die schlechte Infrastruktur: „Es gibt einfach zu viele Lücken im Radwegenetz.“ Das würde gerade den Alltagsradler, der etwa auf dem Weg zur Arbeit sei, ausbremsen. „Der will einfach schnell und sicher geradeaus fahren, aber er stößt auf zu viele Hindernisse und Gefahrensituationen.“

"Es passiert nix"

Da ist der schöne Radweg plötzlich zu Ende, manchmal auch ohne Hinweis, wie es weitergeht und der Radler muss wieder in eine viel befahrene Staatsstraße einscheren. Oder er darf nicht in eine Einbahnstraße einfahren. Oder auf dem Fahrradschutzstreifen haben sich parkende Autos breitgemacht. Neben dem Ausbau des vernetzten Radwegenetzes fordert der VCD als praktikable und schnell umzusetzende Maßnahmen die Aufhebung der Radwegsbenutzungspflicht, die Öffnung der Einbahnstraßen für Radler, den weiteren Ausbau der Fahrradschutzstreifen, bessere Leitsystem-Beschilderungen sowie Tempolimits für Autofahrer. Die bevorstehende Fahrradfreundlichkeit-Rezertifizierung des Landkreises nimmt der VCD zum Anlass, in einer Online-Befragung die Zufriedenheit zu ermitteln (www.vcd-ffb-sta.de). „Es geht uns dabei um die Stimmung bei denen, die viel und oft radfahren“, so Moser. Auch der Fahrradclub ADFC hat eine Umfrage gestartet.

Das Thema brennt unter den Nägeln, das findet auch die SPD Berg, die im Sommer die Radwege in der Gemeinde einem Check unterzogen hat. Von den 17 Verbesserungen des 2016 beschlossenen Alltagsradwegenetzes seien lediglich fünf realisiert worden, so das Ergebnis. Es handele sich meist um kleinere Maßnahmen wie Bordsteinabsenkungen oder Markierungen, während wichtige wie die Querungshilfe an der großen Abzweigung nach Wolfratshausen oder die Fortsetzung des Radwegs von Allmannshausen nach Weipertshausen weiter auf sich warten ließen.

"Wir sind auf gutem Weg"

VCD-Kreisvorsitzender Moser will aber nicht nur schimpfen, sondern zählt auch positive Beispiele auf. Die Fahrradstraßen und Freizeitrouten rund um den Starnberger See etwa. „Es gibt Bemühungen, da wird etwas gemacht.“ Und die „extrem wichtige“ Fahrradverbindung von Gauting nach Neuried etwa stehe dank des Engagements der Gemeinden endlich kurz vor der Verwirklichung.

Während manche finden, dass sich die Landkreisverwaltung zu wenig für die Radler interessiere, will es Landrat Stefan Frey nicht auf sich sitzen lassen, dass es an politischem Willen fehle. „Wir sehen uns beim Radverkehr auf einem guten Weg“ so Frey. Gerade in Sachen Radschutzstreifen gebe es guten Fortschritt. Es müsse nicht immer der geforderte Vollausbau sein. Denn ein Kilometer voll ausgebauter Radweg koste gleich 150.000 Euro, gibt der Landrat zu bedenken. „Ganz zu schweigen von den Kosten für den Erwerb der notwendigen Grundstücke aus privater Hand.“ Frey sieht hier auch die Fahrradlobby in der Pflicht, praktikable und kostengünstige gangbare Wege aufzuzeigen. Und er will alle ins Boot holen: „Wir werden uns gern in den kommenden Wochen und Monaten mit allen Beteiligten zusammensetzen, um nach gangbaren und umsetzbaren Wegen für noch mehr Radverkehr im Landkreis zu suchen.“

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