"Schwierige Themen aufgegriffen"
Anerkennungspreis für Ortsarchivarin Friedrike Hellerer
Große Ehre für Friedrike Hellerer: Die Herrschinger Archivarin hat einen mit 2.000 Euro dotierten Anerkennungspreis des Landkreises Starnberg für ihr Engagement bekommen in der Kategorie „Denkmalpflege und Archäologie, Brauch, Heimat- und Archivpflege, Geschichtsforschung“. Im Herbst findet die feierliche Verleihung im Landratsamt statt.
Friedrike Hellerer ist seit 2004 Archivarin der Gemeinde. „Sie hat das Archiv aufgebaut, weil es zuvor keines gab“, heißt es in der Laudatio. Hellerer ist Gründungsmitglied des Herrschinger Kulturvereins und zweite Vorsitzende im Verein für Archäologie und Geschichte Herrsching, der den Archäologischen Park und die Adelskirche betreut.
Außerdem hat Hellerer einen Archivstammtisch gegründet, an dem sich alle zwei Monate Archivare und Ortshistoriker aus dem Landkreis treffen. „Frau Dr. Hellerer ist diese Vernetzung ein großes Anliegen“, heißt es lobend aus dem Landratsamt. Das neueste Projekt, das Hellerer am Archivstammtisch angeregt hat, beschäftigt sich mit Flüchtlingen und Vertriebenen der Nachkriegszeit. Es sollen Interviews mit den letzten noch lebenden Zeitzeugen gesammelt und ausgewertet werden. Ausstellungen hat sie bereits über bekannte Herrschinger wie die Schauspielerin Camilla Horn, den Architekten des Obersalzbergs, Roderich Fick, über die Herrschinger Promenade, die Dampfschifffahrt auf dem Ammersee und die Herrschinger Fischer organisiert.
Auf Opfer des Regimes gestoßen
Der Forschungsschwerpunkt der Historikerin ist aber das NS-Regime im Landkreis Starnberg. Im Rahmen ihres Studiums der Bayerischen Landesgeschichte an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität hat sie sich mit der Geschichte ihrer Heimatgemeinde Herrsching und des Landkreises Starnberg beschäftigt und vor allem die Epoche nach dem Ersten Weltkrieg recherchiert. „Sie hat dabei viel wissenschaftlich erfasst, was bislang unbeachtet geblieben ist“, heißt es in der Preisbegründung. Dabei sei sie „immer wieder“ auf Opfer des Regimes gestoßen. Es handele sich um Juden, Homosexuelle, geistig und körperlich Behinderte und politische Gegner. „Hellerer setzt sich dafür ein, dass die Verbrechen des NS-Regimes nicht in Vergessenheit geraten“. Nach Meinung der Jury sei diese moderne Art der Heimatpflege besonders zu würdigen. Heimatpflege heiße nämlich auch, „schwierige Themen aufzugreifen“. Besonders hervorgehoben wurde bei der Preisjury, dass Schulen die Ergebnisse nützen, um Schülern die Entwicklung der NSDAP nahe zu bringen. Die Beschäftigung mit Opfern aus der Region bringe Schülern eine Zeit nahe, zu der sie kaum mehr einen Bezug hätten.
Mit ihrer Dissertation über die Entwicklung der NSDAP im Landkreis Starnberg und in Herrsching habe Hellerer ein heikles Thema angepackt. „Sie greift Dinge auf, die andere lieber ruhen lassen“. Die Doktorarbeit liegt übrigens nicht ungelesen in einem Bücherregal, denn Hellerer lädt regelmäßig zu Lesungen ein.
Neben alldem bleibe noch Zeit für Führungen durch die Ammerseegemeinde und durch die Finanzschule. Über die Geschichte der Schule hatte Hellerer ihre Magisterarbeit geschrieben. „Sie hat erstmals die Geschichte der Schule wissenschaftlich nachvollziehbar dargestellt und mit Gerüchten aufgeräumt“, urteilten die Juroren.
Die Kulturpreise werden seit 2002 jährlich in wechselnden Kategorien vergeben. In diesem Jahr hatte es 18 Vorschläge gegeben. Die Jury bestand unter anderem aus Bezirksheimatpfleger Dr. Norbert Göttler, Kreisheimatpfleger Gerhard Schober und Kreisarchivar Gerhard Hertlein.
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