NSDAP im Landkreis
Friedrike Hellerer liest aus ihrem Buch
Auf dem Titelbild des Buches sieht man wie es bei den Nazis "von hinten" ausgesehen hat: Fritz Reinhardt, Staatssekretär im Reichsfinanzministerium, hält anlässlich der zehnjährigen Gründungsfeier der NSDAP Ortsgruppe Herrsching eine Rede auf dem Dorfanger. Unter ihm sitzt Franz Klotz, Funkstellenleiter der NSDAP, und kontrolliert das Mikrofon. (Bild: Archiv der Gemeinde Herrsching)
Aus ihrem Buch "Die NSDAP im Landkreis Starnberg – von den Anfängen bis zur Konsolidierung der Macht 1919-1939" liest die Archivarin aus Herrsching Friedrike Hellerer am Sonntag, 19. Januar, um 17 Uhr im Kurparkschlösschen. Veranstalter ist der Herrschinger Kulturverein. Hellerer hat sieben Jahre lang im Rahmen ihrer Dissertationsarbeit zu dem Thema recherchiert. In der Vergangenheit hat sie bereits öfter in Herrsching daraus vorgelesen. Jetzt sind ihre Ergebnisse in einem Buch zusammengefasst. Darin zeigt sie, dass der Nationalsozialismus im Landkreis und vor allem in Starnberg und im beschaulichen Herrsching sehr präsent gewesen war. Die Anfänge der NSDAP in Herrsching, ihre Entwicklung und Etablierung stehen im Mittelpunkt der Lesung von Dr. Friedrike Hellerer.
Historische Quellen
Vor allem die Frage wie es sein konnte, dass die Nazis sehr bald im Landkreis erfolgreich waren, beschäftigte die promovierte Archivarin während ihrer Studien. In dem 450 Seiten starken Buch hat die mit „magna cum laude“ bewertete Forschungsarbeit einen Abschluss gefunden. Dazu hat Hellerer historische Quellen wie beispielsweise Zeitungsartikel des „Land- und Seeboten“, Protokolle der Spruchkammer und amtliche Dokumente ausgewertet. Herausgefunden hat sie dabei beispielsweise, dass Herrsching eine dem Nationalsozialismus besonders zugetane Gemeinde gewesen sei. So seien die Nationalsozialisten bei der Wahl 1932 in Herrsching die stärkste Partei gewesen. Das habe sicherlich am charismatischen Wesen des stellvertretenden Herrschinger Bürgermeisters Fritz Reinhardt gelegen, der später die Reichsfinanzschule gegründet hatte. Neben dem damaligen Starnberger Bürgermeister Franz Xaver Buchner engagierte er sich besonders bei der NSDAP. Nach Starnberg war Herrsching auch die zweite Gemeinde im Landkreis, die eine NSDAP gegründet hatte.
Nazi-Gedankengut verbreitet
„Kamerad! Halt aus! Aus der Geschichte des Kreises Starnberg der NSDAP“, lautete das Werk Buchners, das für Hellerer besonders aufschlussreich gewesen war. Darin habe Buchner aus Protokollbüchern und Unterlagen des NSDAP-Kreisarchivs zitiert, die nach dem Krieg verschwunden waren. Buchner war bereits 1923 der Partei beigetreten. Das Nazi-Gedankengut wurde im Landkreis mit großem Erfolg verbreitet. Die Wirkung der nationalsozialistischen Vorträge gerade in kleinen, ländlichen Gemeinden wäre für die Wahlerfolge 1931 und '32 ausschlaggebend gewesen.
Die Herrschinger Archivarin ist seit Anfang des Jahres neue Kreisarchivarin. Derzeit plant sie ein neues Buch, das sich mit der Ermordung von behinderten Menschen beschäftigt.
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