Mit Drohne auf Kitzsuche
Jäger und Landwirte helfen zusammen
Der Wonnemonat Mai kam mit einer überwältigenden grünen Wucht daher. Quasi über Nacht waren die Wiesen soweit, dass sie zum ersten Mal gemäht werden konnten – als Futter für die Milchkühe. Doch im Gras versteckt lagen schon die ersten Rehkitze. Landwirt Andreas Drexl sagte deshalb den Allinger Jägern Bescheid, dass er mähen will. Sie organisierten die Kitzrettung.
Pieptöne in der Wiese
"Wir haben hierfür eine WhatsApp-Gruppe gegründet, so ließ sich alles ganz einfach planen", hieß es von Seiten der Jäger. Sie stellten am Abend vor der Mahd Kitzretter in den Wiesen auf. Das sind Stangen mit einer Vorrichtung, die in regelmäßigen Abständen Pieptöne von sich geben. Dieser unbekannte Ton veranlasst die Geiß dazu, die Kitze aus der Wiese zu holen oder gar nicht erst dort abzulegen. Und endlich war das Wetter nicht nur für Ausflüge perfekt, sondern auch für die Mahd. In aller Früh stand einer der Jäger am Wiesenrand. Mit einer Drohne mit Wärmebildkamera überflog er den Hang. Darin liegende Kitze würden ihm als rote Flecken – wärmer als die Umgebung – angezeigt. Weitere Jäger aus dem Allinger Revier standen parat und nutzten die Wartezeit, um sich mit dem Landwirt auszutauschen. Auch Kinder waren zum Helfen dabei.
Wäre ein Kitz auf der Kamera zu sehen, lotst der Drohnenpilot einen Helfer an diese Stelle. Das Kitz wird aus der Wiese getragen – und zwar so, dass kein menschlicher Geruch am Tierkind haftet. Die Mutter würde es sonst nicht mehr annehmen. Es wird am Rand der Wiese sicher abgelegt – zum Beispiel unter einer luftigen Kiste an einem schattigen Platz. Nach der Mahd wird das Kitz freigelassen. Durch Rufen – den Kitzfiep – verständigen sich Mutter und Kind und finden sich wieder. "Ein Kitz unter dem Mähwerk zu zerfetzen, das will keiner erleben", so Andreas Drexl. Die Jäger seien dankbar für diese gute Zusammenarbeit mit den Landwirten. Die Wiese war leer. Für Jäger und Landwirt "Gottseidank". Für die Kinder "schade" – sie hätten an diesem Morgen gerne ein echtes "Bambi" gesehen.
Warum legen Rehmütter ihre Kinder im Gras ab?
Der Ort im hohen Gras erscheint der Mutter sicher, um ihr Junges zu verstecken. Sie kommt nur gelegentlich zum Säugen vorbei. So legt sie keine "Duftspur" zum Nachwuchs. Die Kitze selbst haben kaum Eigengeruch. Zusammengerollt liegen sie unter den überhängenden Grashalmen. Dank ihrer Kitzflecken sind sie im Licht- und Schattenspiel fast unsichtbar. Zum Schutz vor Fressfeinden hat sich diese Strategie bewährt. Wenn sich ein Feind nähert, bleiben sie regungslos geduckt liegen. Das bedeutet allerdings, dass sie auch nicht vor einem herannahenden Mähwerk flüchten. Genau dieses instinktive Schutzverhalten kann den Tod oder grausame Verletzungen bedeuten.
Nicht anfassen
Wer ein Kitz im Gras liegen sieht: Es ist alles in Ordnung, das Tierkind ist nicht verwaist. Es darf auf keinen Fall angefasst werden. Hunde sollen bei Spaziergängen nah bei sich gehalten werden. Sie dürfen nicht unkontrolliert durch die Wiese laufen gelassen werden, wo sie Junghasen und Kitze oder Küken in Bodennestern in Angst und Stress versetzen. "Sie schaden Ihrem Hund nicht, wenn Sie ihn an der Leine oder nah bei sich auf dem Weg führen. Im Gegenteil, die meisten Hunde sind glücklich, wenn sie bei ihrem Herrchen oder Frauchen laufen dürfen. Wenn man sich mit ihnen beschäftigt und nicht jeder für sich mit 40 Meter Abstand voreinander herläuft", versichert eine Allinger Jägerin, die selbst zwei Hunde hat und professionelle Hundetrainerin ist.
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