„Ich kann meinem Team vertrauen"
Interview mit Ralf Faller zum Satelliten-Betrieb
Der Satellit EDRS-C ist am 6. August erfolgreich gestartet. Nach Empfang der ersten Daten hat das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum (German Space Operations Center, GSOC) den Betrieb übernommen. Der Kommunikationssatellit ist Kernstück des Europäischen Daten Relais Systems (EDRS), das riesige Datenmengen innerhalb kürzester Zeit vom Weltraum zur Erde überträgt. Der Satellit sowie die Nutzlasten und Empfangsstationen werden in Oberpfaffenhofen am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betrieben. DLR-Projektleiter Ralf Faller berichtet über die Mission.
Wie haben Sie im Kontrollraum den Start des EDRS-C erlebt?
So ein Satellitenstart stellt eine große Anspannung für mich dar. Man verspürt den Drang, alles selbst zu machen, jedoch ist das bei so einem großen Projekt nicht möglich. Das ist der Grund, weshalb ich meinem Team vertrauen muss – und ich weiß, dass ich das kann. Wichtig ist, dass ich den Kollegen ermögliche, ihre Aufgaben zu erledigen.
Was fasziniert Sie an Ihrer Arbeit?
Satelliten sind komplizierte Systeme, die nur "remote" betrieben werden können. Das heißt, dass man sie nur durch eine Funkverbindung erreichen kann, um Telemetriedaten zu empfangen und Kommandos an den Satelliten zu schicken. All das benötigt eine sehr gute Vorbereitung, da man im Nachhinein nichts mehr am Satelliten verändern kann. Wenn er oben ist, ist er oben.
Wie sieht der weitere Ablauf mit EDRS-C aus?
In den vergangenen Tagen haben wir fünf Bahnmanöver durchgeführt. Jetzt ist der Satellit an einer vorübergehenden Position im geostationären Orbit, so dass wir umfassende Funktionstests durchführen können. Diese Phase dauert mehrere Wochen. Erst danach ist EDRS-C voll betriebsfähig.
Was sind Ihre Aufgaben als "MOD", als Mission Operations Director?
Ich bin dafür verantwortlich, dass die ersten Betriebsphasen gut verlaufen. Genauso muss ich sicherstellen, dass der Routinebetrieb ohne Probleme anfängt. Die Kollegen in Weilheim mussten die beiden EDRS-Hauptantennen aufbauen. Wir in Oberpfaffenhofen mussten das übrige Bodensegment einrichten – dazu gehören die Kontrollräume, die IT-Infrastruktur und benötigten Softwaresysteme – und das Betriebsteam für die Mission aufstellen und trainieren. Ich koordiniere die Arbeiten, stimme mich mit den Fachabteilungen ab und bin im Kontakt mit dem Kunden. Außerdem muss ich Bericht erstatten und auf die Kosten und den Zeitplan achten – ich versuche also alles im Überblick zu behalten.
Was sind für Sie die größten Herausforderungen?
Grundsätzlich gilt es, die Systemanforderungen zu erfüllen. Ich bin aber auch dafür verantwortlich, dass das Team zusammenhält. Im Kernprojektteam von EDRS-C arbeiten circa 40 Leute aus verschiedenen Abteilungen, hochqualifizierte schlaue Köpfe, die alle ihre individuellen Eigenheiten haben. Erfolgreiche Raumfahrt zeichnet sich durch gutes Teamwork aus. Dabei zu helfen, dass im Team alles rund läuft, ist ein wichtiger Aspekt meiner Arbeit.
Welche Lebenszeit hat EDRS-C?
Der Satellit ist auf rund 15 Jahre Betrieb ausgelegt. Das GSOC betreut den Kommunikationssatelliten und die Nutzlast während der ganzen Zeit. Üblicherweise ist bei den geostationären Satelliten der Treibstoff der begrenzende Faktor. Erst nach diesen 15 Jahren wird man den EDRS-C mit dem eingeplanten Resttreibstoff auf einen "Friedhofsorbit" in eine 300 Kilometer höhere Umlaufbahn schießen und deaktivieren. Das werde ich wohl nicht mehr im aktiven Dienst erleben.
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