Grüne der ersten Stunde
40 Jahre: der Starnberger Kreisverband feierte mit vielen Wegbereitern
Die Grünen im Landkreis Starnberg haben allen Grund stolz zu sein: mit der Gründung des Kreisverbands 1978 sind sie nicht nur eine der Keimzellen, in Krailling ist sogar der offizielle Parteiname erfunden wurde. Vorher hießen sie AUD Die Grünen – ein reichlich sperriger Name. Dass sie das AUD wegließen und mit „Die Grünen“ das Original erfanden, noch vor der Landespartei, daran erinnerte Ruth Paulig bei der Festveranstaltung zum 40. Geburtstag.
Auf eine wahre Zeitreise durch die Parteigeschichte konnten sich die Gäste begeben, denn der Pfarrstadl Weßling war mit vielen Plakaten von anno dazumal geschmückt: Auf ihnen waren nicht nur überall Sonnenblumen, das Leitmotiv der Grünen, sondern Motive, die damals das Establishment provozierten: etwa ein abgebildetes Baby mit dem Slogan „Im Jahr 2000 darf er zum ersten Mal wählen – Für seine Zukunft tragen wir die Verantwortung “. Grünen- Spitzenkandidatin Katharina Schulze schaute zum Gratulieren herein. Doch der Abend gehörte den politischen Wegbereitern. Die Grünen-Urgesteine Ruth Paulig, Peter Unger, Maurice de Coulon und Klaus Resch fanden sich zum „Stammtisch“ auf die Bühne ein und wurden von Erika Schalper interviewt. Ruth Paulig zog 1986 als erste Grüne in den Landtag. Peter Unger war der erste Gemeinderat, er trat 1979 von der SPD über. Während Maurice de Coulon mittlerweile in den Landkreis Weilheim gezogen ist, lebte Klaus Resch 30 Jahre lang in Griechenland und ist erst jetzt nach Deutschland zurückgekehrt. „Grün – die Modefarbe der Saison?“ hieß sein Vortrag, den er 1978 bei der Gründung des Gilchinger Ortsverbands hielt. Resch war einer der Geburtshelfer der Partei und erster Landesvorsitzender, trat aber nach internen Unstimmigkeiten bald wieder aus.
„Weltfremde Spinner“
Keiner hätte sich träumen lassen, dass die Grünen einmal zweitstärkste Kreistagsfraktion werden würden. „Eigentlich war geplant, nach zehn Jahren wieder aufzuhören“, erzählte Paulig von den Anfängen. Die schwierig waren: „Wenn wir einen Infostand hatten, sind die Leute 100 Meter vorher auf die andere Straßenseite gegangen“, sagte sie. Unger berichtete von der „feindseligen Stimmung“ damals: „Wir wurden als Spinner und als weltfremd bezeichnet“, wusste er. Damit die Anliegen der Grünen mehr Beachtung fanden, sei er auf die Strategie verfallen, zu jeder Sitzung mindestens einen Antrag zu stellen: „Damit sich der Gemeinderat mit uns befassen musste.“ Das führte zu großem Applaus und Heiterkeitsausbrüchen im Saal, da Unger für seine vielen Anträge bekannt ist.
Roth würdigte die Grünen
Daran hatte schon Landrat Karl Roth anfangs in seinem Grußwort erinnert und vorgezählt, dass Unger 110 Anträge seit dem Jahr 2000 im Kreisrat gestellt habe. Der CSU-Politiker sprach sehr verbindliche Worte und würdigte, was die Grünen alles angestoßen hatten. Dass er einmal als „schwarzer Landrat“ bei einem Jubiläumsabend der Grünen sprechen würde, hätte er sich früher gar nicht vorstellen können.
Eine „grüne“ Modenschau, bei der Palästinensertuch, Latzhose und Strickzeug nicht fehlen durften war ebenso Teil des Programms wie Amateurfilme von Ruth Paulig aus den Achtziger Jahren, in denen es ein Wiedersehen mit den jungen Grünen aus dem Landkreis gab, die mit Wallehaaren Friedenslieder sangen und im Bus zur Menschenkette fuhren.
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