Wer sind die Jesiden?
Huber setzt sich für verfolgte Religionsgemeinschaft ein
Im gesamten Landkreis Fürstenfeldbruck leben etwa 400 Jesiden, etwa ein Drittel davon in Germering. Für Christian Huber, der Grünen-Stadtrat ist auch Integrationsreferent, ist es ein „Herzensanliegen, die Religion der Jesiden ein wenig bekannter zu machen“, erklärte er bei einem Pressegespräch im Germeringer Kulturcafé. An diesem nahm auch Salam Mado Ali, teil. Der 25-Jährige arbeitet als Krankenpfleger. Er schätzt die Sicherheit, die er in Germering erlebt. Allerdings bedauert er, dass in der Öffentlichkeit wenig über die Religion und die Kultur der Jesiden bekannt ist.
Salam Mado Ali ist vor sieben Jahren aus dem Nordirak nach Deutschland gekommen. In seiner Heimat wurde die religiöse Minderheit vom sogenannten Islamischen Staat (IS) verfolgt, getötet, gefoltert, vergewaltigt und versklavt. „Teilweise sucht man heute noch nach verschollenen Kindern“, bedauerte Huber. Und noch immer werde Stimmung gegen die Jesiden gemacht und Gerüchte verbreitet, die die Verfolgung und den Völkermord rechtfertigen sollten.
Die Gründe seien vielschichtig, erklärt Theologe Huber. So würden die Jesiden verschiedene religiöse Symbole anders bewerten. Zum Beispiel würde die Schlange bei den Jesiden ein Sinnbild für Heilkunst und Weisheit sein, „wir kennen sie als Bild für Sünde und Böses“, so Huber. Deswegen würden die Jesiden der Teufelsanbetung beschuldigt werden. Ein weiteres Beispiel ist die Verehrung des Engels, der im Christentum und im Islam Gegenspieler Gottes, also Satan ist, da er zuvor als „ungehorsam“ verstoßen wurde. Die Jesiden haben aber eine andere Interpretation des angeblichen Ungehorsams, der bei ihnen eher Ehrerbietung gegenüber Gott ist. Eine schriftliche Bibel oder einen Koran besitzen die Jesiden nicht. Sie bauen auf mündliche Überlieferungen. Es gibt aber auch viele Parallelen zum Christentum und dem Islam.
Vor einigen Wochen erfolgte eine Anhörung im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zur Anerkennung der Gräueltaten an den Jesiden als Genozid, berichtete Huber. Der Petitionsausschuss hat dem Parlament mit dem höchsten Votum empfohlen, den Genozid anzuerkennen. „Das war der wichtigste Schritt, auf den die ganze Welt gewartet und geschaut hat, denn Deutschland ist eine der größten, vielleicht sogar die größte Diasporagemeinden der Jesiden“, erklärte Salam Mado Ali. „Ich gehe davon aus, dass nach der Sommerpause eine entsprechende Beschlussvorlage im Bundestag angenommen werden wird“, ergänzte Huber. Er wünsche sich, dass nach einer Anerkennung des Genozids Konsequenzen gezogen würden, das reiche von Aufklärungsarbeit über Aufbauarbeit im Nordirak. „Die überwiegende Zahl der Jesiden, die noch im Irak leben, sind bis heute in Lagern untergebracht“, bedauerte er.
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