Sonnenernte vom Dach
Solarmissionar Albert Tibudd baut Plus-Energie-Haus
Wenn Albert Tibudd in den Himmel schaut, muss er an die vielen Satelliten denken, die jahrelang tagaus, tagein um die Erde kreisen „die brauchen weder Öl noch Gas, um zu fliegen, aber auf der Erde verschwenden wir unsere fossilen Brennstoffe, um zu heizen oder Auto zu fahren“, kritisiert der Rentner aus Kottgeisering.
Er selbst will bei dieser Verschwendung nicht mehr mitmachen. Darum möchte er sein Ziel umsetzen: Er möchte seine Familie unabhängig von Öl und Gas sehen und die Umwelt nicht mehr mit einer umweltschädlichen Heizung belasten. Der Bungalow aus den 1970-er Jahren mit den Dachpfannen auf dem Dach wurde nämlich aufgestockt. Auf den Dachstuhl kamen dann statt Ziegeln Fotovoltaikmodule. Somit ist das komplette Dach der Tibudds eine 400 Quadratmeter große 58-Kilowatt-Fotovoltaikanlage. Diese Fläche ersetzt den Energieertrag von 40.000 Quadratmetern landwirtschaftlicher Anbaufläche mit nachwachsenden Rohstoffen, rechnet Tibudd vor. Die Konstruktion wirkt dabei sehr hell und filigran und da der Dachstuhl begehbar ist, kann Tibudd etwaige Wartungsarbeiten problemlos durchführen. Das Dach ist äußerst stabil. Vor Hagel- oder Sturmschäden fürchtet sich Tibudd nicht. „Bei den Produkttests ist sogar ein Auto über die Module gefahren ohne dass es sie beschädigt hätte“, erklärt er.
Energiebedarf halbiert
Seit dem Aufbau hatte er keine Arbeit mehr mit der Solaranlage. „Es läuft alles von selbst“, freut sich der Hausbesitzer. Erstaunlich: „So halbieren wir den Energiebedarf, weil wir bereits komplett auf Strombetrieb bei Heizung und Warmwasser umgestellt haben", so Tibudd. Es gehe beispielsweise keine Abwärme mehr durch einen Kamin. Vor allem im Sommer werden die Tibudds mehr Strom ernten als sie benötigen. Ziel ist, den Überschuss in das öffentliche Stromnetz einzuspeisen, im Winter werden sie dafür zusätzlich Strom kaufen.
Einen Ordner voller Fachartikeln
Tibudd beschäftigt sich bereits seit 20 Jahren „hobbymäßig“ mit Solarenergie. Seine beiden Leidenschaften sind Landwirtschaft und das Elektrohandwerk. Als „Sonnenbauer“ kann er beides verbinden. In seinen Beeten hat der Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins bereits schöne Salatköpfe, die er in wenigen Wochen ernten kann und auf dem Dach erntet er Sonnenenergie. Dabei sei die Sonnenernte viel ergiebiger, erklärt er. Als Beweis zeigt er auf ein ein Quadratmeter großes Modul. Circa 200 Kilowattstunden könne man im Jahr an Sonnenenergie „ernten“, erklärt Tibudd. Mit einem Elektroauto könnte man damit rund 1.500 bis 2.000 Kilometer weit fahren. Würde man dagegen einen Quadratmeter Raps anbauen und daraus Öl gewinnen, dann hätte man gerade einmal 150 Milliliter Öl. Weiter als zwei Kilometer käme man damit mit dem Auto nicht, rechnet Tibudd vor.
Die Sonnenenergie müsse viel stärker genutzt werden, dann könne man auch die Energiewende schaffen, so Tibudd. Bis zum Jahr 2030 hat sich der Landkreis Fürstenfeldbruck das Ziel gegeben energieautark zu werden. Doch davon ist man weit entfernt. In vielen Gesprächen versucht Tibudd die Landwirte davon zu überzeugen zu Energiewirten zu werden. Statt Felder mit schlecht bezahlten Feldfrüchten anzubauen, könnte der Energiebauer mit Fotovoltaik Solarenergie ohne viel Aufwand ernten. „Sonnenfelder“ seien richtig lukrativ, so Tibudd. „Das ist nur noch keinem bewusst“. Tibudd hat noch viele Beispiele, die die Effizienz der Solarernte belegen und er hat einen ganzen Ordner voller Fachartikeln und Zeitungsberichten, die sich mit dem Thema befassen. Tibudd zeigt Fotos von Vorzeigeprojekten. Bei einem Haus sind die Module als Balkonverkleidung angebracht worden. Das sieht schick und modern aus. „Die Module gibt es heute schon in verschiedenen Farben“, weiß Tibudd.
Als nächstes kommt die E-Tankstelle
Im ganzen Landkreis sieht Tibudd geeignete Flächen für Sonnenernte. Auf den künftigen Dächern des Germeringer Nordens oder im Neubauquartier Kreuzlinger Feld oder gleich auf dem Dach der neuen Sporthalle im Olympiapark, schwärmt der 69-jährige. Um seine Vision zu erfüllen, setzt er sich mit den Planern, Architekten und Vertretern der Politik zusammen und betreibt Aufklärungsarbeit. Auch für sein Haus hat er noch Pläne. Er möchte eine E-Tankstelle installieren und sich dann ein E-Auto kaufen. "Mit den erneuerbaren Energien haben wir die Chance die Verluste durch die rapide Bebauung unserer Erde, aber auch die Verluste durch die wegen des Klimawandels prognostizierte Erhöhung des Meeresspiegels, zu relativieren", so Tibudd. Grund und Boden seien zwar nicht vermehrbar, "dafür sind Wind-und Solarkraftanlaagen kein Flächenfraß, sondern ein Flächenmultiplikator".
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