„Ja-Wort für das Leben“
Geschundene Tiere finden sicheres Zuhause auf Gut Streiflach
Rund 400 Tiere haben derzeit auf dem Gnadenhof auf Gut Streiflach ein sicheres Zuhause gefunden. Es sind kranke, gequälte und vernachlässigte Lebewesen. Mitglieder haben sie gerettet, freigekauft oder das Veterinäramt hat sie aus ihrer Qualhaltung befreit. Der Träger des Hofes, der Verein „Gewerkschaft für Tiere“, ist zurückhaltend mit seinen Öffnungszeiten. Ein paar Mal im Jahr gibt es Führungen. Ansonsten sollen die Tiere in Ruhe gelassen werden. „Sie haben oft sehr schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht. Deswegen wollen wir sie nicht im Zoobetrieb ausstellen“, erklärte der Vorsitzende des Vereins, Arpád von Gaál, beim jüngsten Tag der offenen Tür.
Auf dem zehn Hektar großen Areal sind die Tiere in großzügigen Gehegen und Stallungen untergebracht. Über ihre bisherigen Leidenswege informieren Schilder an den Gittern. Da gibt es zum Beispiel den ausgemusterten 13-jährigen Rico. Den Diensthund wollte keiner mehr haben. Auf dem Gnadenhof hat der Hund Vertrauen zu den Pflegern gefasst. Anderl ist ein Esel, der jahrelang in einem dunklen Stall gehalten wurde. Eselin Gretel wurde aus einem Wirtshaus-Streichelgehege geholt. Der gesundheitliche Zustand war erbärmlich. Auch der Esel und die 70 Ziegen, die vor einiger Zeit in Germering vom Veterinäramt beschlagnahmt wurden, kamen nach Gut Streiflach. Aus einer Messie-Wohnung wurde sogar einmal ein Fisch gerettet, dessen Schwanzflosse schlapp aus einem Aquarium mit Schmutzwasser ragte. Jetzt schwimmt das Tier munter im Teich des Gnadenhofs. Über die gepflegten Beete und Wege laufen Gänse, man sieht Pfauen aus einer Zucht, die schließen musste, und Papageien, die ihre engen Käfige mit großzügigen Volieren tauschen konnten.
Hausschwein im Wohnzimmer
Dann gibt es Tiere, die aus falsch verstandener Tierliebe angeschafft wurden. Eine Dame hielt sich ein Hausschwein in ihrem Wohnzimmer, bis es nicht mehr durch die Türe passte. Auf Gut Streiflach kann es mit Gefährten artgerecht im Schlamm wühlen. Die Kühe Lotte und Lena standen in ihrem Stall bis zum Bauchnabel im Dreck. Um sie herum lagen tote Kühe. Das ehemalige Springpferd Josy und das Kutschenpferd Akte, das Angst vor Verkehr hatte, erholen sich jetzt ebenfalls auf den grünen Weiden des Gnadenhofs. Manche Eltern setzen ihren Kindern ein flauschiges Küken in den Osterkorb und verstoßen dann das ausgewachsene Huhn, andere haben genug von ihrem Hund oder ihrer Katze. Es kommt sogar vor, dass Tiere dem Gnadenhof einfach über den Zaun geworfen werden. Gaál kann darüber nur den Kopf schütteln. „Wer sich ein Lebewesen anschafft, der muss bereit sein, dem Tier ein Ja-Wort für das Leben zu geben“, mahnte er. Die Treue, die das Tier dem Menschen schenke, müsse dieser bedingungslos erwidern. Gegründet wurde der Gnadenhof 1993. Die Anzahl der Mitglieder ist seitdem auf 4000 gestiegen. Vor drei Jahren konnten die zehn Hektar Grund der Stadt München für eine Million Euro abgekauft werden. „Jetzt haben wir Sicherheit für die Tiere“, freute sich Gaál. Der Verein ist aber auf Zuwendungen und Spenden angewiesen, „wir bekommen keinen Zuschuss vom Staat“. Der Unterhalt der Tiere verschlingt hohe Summen. Viele der Schützlinge sind sehr krank und brauchen regelmäßige tierärztliche Behandlung, besondere Diätkost und natürlich viel Liebe und Geduld von den Tierpflegern.
Fahrt zum Bärengnadenhof
Neben dem Gnadenhof in Unterpfaffenhofen betreibt die Gewerkschaft für Tiere einen rund zehn Hektar großen Gnadenhof für Bären bei Bad Füssing. Hier leben zehn Bären, die aus osteuropäischer Zirkus- oder Tanzbärhaltung gerettet wurden. Jahrzehntelang wurden sie an Ketten oder in engen Käfigen gehalten. Auf dem abgezäunten Gnadenhof sollen sie ein artgerechtes Leben erlernen und zu ihren Instinkten zurückgeführt werden. Interessenten können am 13. Juni an einer Fahrt zum Bärengnadenhof mitmachen. Unter www.Gewerkschaft-fuer-tiere.de gibt es Informationen.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH