Gewerkschaft für Tiere
Gnadenhof für arme Kreaturen
Zutraulich kommt der kleine grau-weiß gefleckte Esel angetrabt. Während der kleine Besucher das Tier liebevoll zwischen den Ohren krault, schließt der Esel genussvoll seine Augen und hält ganz still. Beim Tag der offenen Tür auf Gut Streiflach gab es für die 400 Tiere, die hier ein Zuhause gefunden haben, viele Streicheleinheiten und gute Worte von den zahlreich erschienen Tierfreunden, darunter viele Familien mit Kindern. So gut hatten es die Tiere nicht immer. Esel Anderl war beispielsweise vom Veterinäramt Fürstenfeldbruck beschlagnahmt worden. "Er und zwei weitere Esel standen immer nur im dunklen Stall und durften nie auf die grüne Wiese", konnten die Besucher auf dem Schild am Gehege lesen.
"Noch viel liegt im Argen"
Seit 18 Jahren gibt es den Gnadenhof zwischen Germering und Freiham. 2008 ist der Gnadenhof für Bären in Hart bei Bad Füssing dazugekommen. Der ehemalige Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Andreas Grasmüller, hatte 1993 die "Gewerkschaft für Tiere" gegründet und im Jahr 2000 die Zufluchtstätte für geschundene, ausgemergelte, verstoßene oder gequälte Haus- und Nutztiere auf Gut Streiflach eröffnet. Heute bemüht sich Árpád von Gaál als Vereinsvorsitzender darum, "das Leid unserer Mitgeschöpfe zu lindern". Täglich erreichen ihn Anrufe von besorgten Tierfreunden, "Noch viel zu viel liegt im Argen", bedauert er.
Die kurzen Biografien der untergebrachten Katzen, Hunde, Pferde, Schweine, Ziegen, Esel, Hühner aus der Legebatterie und Exoten wie dem Falkland-Karakara geben einen kleinen Einblick in das, zu was Menschen alles fähig sind.
Glücksschwein im Schlammbad
Da gibt es beispielsweise traumatisierte Hunde aus Tötungsstationen, die nicht an Familien vermittelt werden können wie der siebenjährige Vitez. Treuherzig und verspielt wirkt der weiße Hund, doch von Menschen möchte er nichts wissen. Mit seinen Pflegern hat er sich mittlerweile "arrangiert", lasen die Besucher auf dem Schild und dass er untertags das Gehege mit dem Hunde eines Pflegers teilen darf. Trotz guter Pflege wirken einige der Tiere gezeichnet vom jahrelangem Leid. Im "Schweinestall" suhlte sich eine Sau ausgiebig im Schlamm. Sie war als niedliches Ferkel als Glücksschwein verschenkt worden und sollte eigentlich als Spanferkel enden. Das brachten die ehemaligen Besitzer doch nicht über's Herz, aber in der Badewanne und in einer Zwei-Zimmer-Wohnung konnte das Borstenvieh auch nicht gehalten werden.
Ein Pferd wurde beschlagnahmt, da sein Artgenosse auf einer Weide verdurstet war. Viele Tiere wurden auch aus einer Laune heraus angeschafft. Sind sie chronisch krank oder reicht das Geld für Tierarztkosten nicht mehr, dann werden sie abgeschoben.
"Mit ihrer meist qualvollen Vergangenheit brauchen viele von ihnen besondere Fürsorge", steht in der Vereinsbroschüre. Jährlich wird für Pflege, Tierarzt, Futter, aber auch den Unterhalt der weitläufigen Anlagen ein mittlerer sechsstelliger Betrag fällig. Er kann nur zum Teil durch die Mitgliedsbeiträge abgedeckt werden. Deswegen hofft der Verein auf großzügige Spender oder Tierpaten.
Trotz der bedrückenden Geschichten um die Tiere herrschte am Tag der offenen Türe eine fröhliche Stimmung. Kinder liefen mit bunten Luftballons durch das Areal, es gab Spiele, Speisen und Getränke und viel Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch.
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