"Wir schaffen das"
Im "Bayerischen Hof" lassen sie sich nicht unterkiregen
Es wird viel gejammert in Zeiten von Corona. Nicht so im Traditionshotel „Bayerischer Hof“ in Starnberg, auch wenn die Lage nicht besser ist als anderswo. Pächter Nicolas Schrogl sieht lieber das Positive: Seit 1. Juni hat das Cafe Prinzregent wieder offen, trotz des schlechten Wetters ist gleich der erste Sonntag gut gelaufen. Noch sind nicht alle Stammgäste zurückgekehrt, aber etliche sitzen bereits wie eh und je in den schönen königsblauen Samtsofas unter dem ehrwürdigen Porträt Luitpolds von Bayern und lassen sich ihren Kaffee schmecken. Und auch das Gästebuch im Hotel füllt sich endlich wieder. „Wir haben viele Reservierungen von Familien aus ganz Deutschland, die im Sommer bei uns Urlaub machen wollen“, freut sich Hoteldirektor Klaus Bartels.
Alle Mitarbeiter weiter an Bord
Keine Frage, der Lockdown traf auch den „Bayerischen Hof“ hart. Im Cafe null Umsatz. Die Bridgedamen mussten zuhause bleiben, die Tagungsräume waren verwaist. Am Ende hielt Nicolas Schrogl allein die Stellung im Hotel, um sich um die paar Geschäftsreisenden zu kümmern, die überhaupt noch unterwegs waren. Um seine 16 Mitarbeiter tat es ihm am meisten leid. Bis auf zwei musste er alle in Kurzarbeit schicken. Dass er ihren Lohn aus eigener Tasche auf 80 Prozent aufgestockt hat, muss schon sein, findet er, schließlich halten sie schon so lange Zeit die Treue, manche sind seit zwölf Jahren dabei. Nun kann er sie nach und nach zurückholen. „Alle sind weiterhin an Bord“, ist Schrogl froh. Während der Schließung hat er harte Einbußen hinnehmen müssen: „Es fehlen seit Mitte März bestimmt 50 Prozent an Umsatz.“
Mehr Urlaub daheim
Wer in der Gastronomie und Hotellerie daheim ist, weiß, dass die im Verhältnis zu den Umsätzen personallastige Branche anfällig für Krisen ist. Trotz all der Aufs und Abs, Schrogl hängt an dem Hotel, dessen Pächter er seit zehn Jahren ist. Für ihn wie für viele andere ist das historische Bauwerk ein Wahrzeichen, das zur Stadt einfach dazugehört. Im Lauf seiner 150-jährigen Geschichte hat der Bayerische Hof schon einiges mitgemacht, Corona ist da nur ein Kapitel. Im Jahr 1865 erbaut, war es als erstes Haus am Platze Anziehungspunkt für die reichen Sommerfrischler, auch Kaiserin Sisi zählte zu den illustren Gästen. 1969 kaufte es die Stadt Starnberg, die seit längerem die Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes plant. Auch wenn das Hotel unübersehbar in die Jahre gekommen ist, seine „inneren Werte“ sind unverwüstlich. „Wir alle hier betreiben den Bayerischen Hof mit Herzblut und mit Herzlichkeit und die Gäste spüren das“, sagt Hoteldirektor Bartels.
Es läuft langsam an
Es läuft wieder an, aber langsam und einige Nummern kleiner. Das Cafe ist vorerst nur von zwölf bis 17.30 Uhr geöffnet, das beliebte Frühstücksbuffet ist wegen Hygienevorschriften noch gecancelt. Lieber auf Nummer sicher gehen, auch wenn die fünf Schließstunden weniger Umsatz bedeuten. „Der Juni ist für uns so etwas wie ein Orientierungsmonat“, so Bartels. Schließlich ist das im Wiener Kaffeehausstil eingerichtete Cafe Prinzregent gerade auch bei der älteren Klientel beliebt. Schrogl und Bartels tun alles, um der großen Verantwortung gerecht werden. „Die Gäste sollen sich bei uns sicher fühlen.“
Schrogl und Bartels sind Leute, die sich nicht unterkriegen lassen. „Ich bin eine rheinische Frohnatur, ich lebe mit der Einstellung, dass es wieder aufwärts gehen wird“, sagt der 53-Jährige Bartels. „Bloß nicht als Jammerlappen rumlaufen.“ Von der Politik wünschen sich die beiden Hotelfachleute, dass der reduzierte Mehrwertsteuersatz nicht nur als „Tropfen auf den heißen Stein“ mit zeitlicher Beschränkung, sondern für manche Branchen dauerhaft reduziert würde. Zinsfreie Darlehen könnten coronabedingte Pleiten in der Gastronomie verhindern helfen. Die Soforthilfe sei eine gute Sache gewesen, sagt Schrogl, der das Entgegenkommen der Stadt Starnberg lobt, die in der Krise so lange mit der Pacht gewartet hat, bis das Geld da war.
„Wir hoffen schon, dass in einigen Monaten wieder ähnliche Bedingungen herrschen wie vor der Krise, mit ganz vielen zufriedenen Gästen und Servicepersonal, das wieder freundlich lächeln kann.“ Dass der „Bayerische Hof“ mit seiner langen Geschichte überleben wird, da sind sich die beiden sicher. „Wir schaffen das."
"Das ist ein wichtiges Signal"
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, Dr. Thomas Geppert (Geschäftsführer des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA) und Starnbergs neuer Landrat Stefan Frey nahmen zur aktuellen Situation der Branche Stellung:
"Das war überfällig"
Ist die Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie / Hotellerie ein richtiger Schritt?
Hubert Aiwanger: Die Senkung der Mehrwertsteuer im Gastgewerbe war längst überfällig! Es kann schließlich nicht sein, dass Speisen und Getränke zum Mitnehmen durch eine reduzierte Mehrwertsteuer gefördert werden, aber Wirtshäuser, die zur Geselligkeit beitragen, den vollen Steuersatz von 19 Prozent bezahlen müssen. Deswegen fordere ich vom Bund, dass die Mehrwertsteuersenkung nicht nur bis Ende Juni 2021, sondern unbefristet gilt.
Landrat Stefan Frey: Die Mehrwertsteuersenkung ist ein wichtiges Signal für die Betriebe. Man muss aber bedenken, dass die Wirte mit den Auflagen deutlich geringere Umsätze machen. Ich hätte mir gewünscht, dass die Senkung länger und auch für Getränke gilt. Wichtig ist jetzt, dass die verspätet startende Saison reibungslos verläuft und Gastronomie und Hotellerie Urlaubs- und Tagesgäste begrüßen und bewirten können.
Dr. Thomas Geppert (DEHOGA): Die ab 1. Juli geltende Reduzierung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie ist ein enorm wichtiges Signal an unsere Branche. Die Forderung nach gleichen Steuern für Essen bestand schon lange Jahre, dass sie jetzt kommt, ist überlebenswichtig: Man muss sich bewusstmachen, dass wir viele Gastronomen haben, die derzeit nur etwa zehn Prozent ihres normalen Umsatzes machen, dies jedoch bei deutlich gestiegenen Kosten. Durch die Anwendung des reduzierten Umsatzsteuersatzes kann dieser Fehlbetrag zumindest teilweise kompensiert werden, zugleich wird die Ungleichbehandlung zum To Go-Geschäft zumindest zeitweise abgeschafft.
"Großen Spielraum haben die Kommunen nicht"
Wie können die Kommunen diese Betriebe unterstützten?
Hubert Aiwanger: Kommunen können die Betriebe unterstützen, indem sie rasch und antragstellerfreundlich Stellflächen für die Außengastronomie im Rahmen des rechtlich Möglichen genehmigen. Unsere Gasthäuser, Restaurants und Cafés sind für das Lebensgefühl der Menschen in unseren Städten und Gemeinden wichtig und prägen mit ihren vielen Facetten auch das Außenbild Bayerns. Allen sollte daran gelegen sein, der Gastronomie eine Zukunftsperspektive zu geben.
Landrat Stefan Frey: Durch Stundung von Forderungen und großzügige Entscheidungen bei Außengastronomie, wo es rechtlich möglich ist. Großen Spielraum haben die Kommunen leider nicht. Daher ist Unterstützung durch Werbung für die Tourismusregion wichtig. Gleichzeitig müssen die Menschen vor Ort die Gaststätten wieder besuchen. Ich bin froh, dass wir hier die gwt Starnberg GmbH im Boot haben, die die Informationen gut streut und bereits in der Hochphase der Krise zusammen mit den Gastronomen und Gastgebern Hygienekonzepte entwickelt hat.
Dr. Thomas Geppert (DEHOGA): Viele Kommunen unterstützen bereits ihre Gastronomen und zeigen sich beispielsweise bei den Regelungen für Freischankflächen aufgeschlossen. Manche lassen Restaurantbetreiber bereits mehr Tische auf größerer Fläche aufstellen als normalerweise erlaubt. Darüber hinaus verzichten sie oftmals auch auf Gebühren, die sonst für Freischankflächen fällig werden. Man spürt, dass sich viele Kommunen über die Bedeutung der Hotels und Gaststätten als regionale Wirtschaftsmotoren bewusst sind. Und auch Bürger können helfen, indem sie wieder ins Wirtshaus gehen und sich einen Urlaub im eigenen Land gönnen.
"Bayern ist unfassbar schön"
Viele planen diesmal ihren Urlaub zuhause. Wo verbringen Sie heuer Ihre Ferien?
Hubert Aiwanger: Wo es am schönsten ist: in Bayern.
Landrat Stefan Frey: Wir haben uns noch nicht endgültig entschieden. Wir wohnen ja ohnehin in einer der schönsten Urlaubsregionen.
Dr. Thomas Geppert (DEHOGA): Ich war über die Pfingsttage in Oberbayern unterwegs. Traumhaft. Übrigens schätze ich nicht nur zu Zeiten von Corona eine Auszeit dahoam. Letztes Jahr habe ich eine Tour durch unseren Freistaat gemacht. Bayern ist unfassbar schön und vor allem so vielseitig, es bietet für jeden etwas. Auch meine Familie war begeistert. Unsere Mitbürger sind so herzlich und eine Brotzeit unter einer großen Kastanie ist einfach unschlagbar.
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