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Rubrik: Gesamt · Ort: fuenfseenland
Schulschmelze 1.0
Wenn junge Leute Schule machen
Hand auf's Herz: Wer war in seiner Schulzeit schon mit den Schülern aus der Nachbarschule unterwegs? Wurde nicht sogar mal die Nase gerümpft oder ein kleiner Schulkrieg untereinander angezettelt? Kein Ex-Schüler kann sich von solchen - vielleicht auch nur Geanken - rückblickend freisprechen. Denn jeder bleibt ja bekanntlich doch lieber unter sich. Die Realschüler bei ihren Realschülern, die Mittelschüler bei ihren Mittelschülern und die Gymnasiasten bei - genau! - den Gymnasiasten. Eine Gruppe junger Leute, die teilweise die Schulzeit schon etwas hinter sich haben, von der Realschule und dem Gymnasium kommen, bringen dieses System jetzt ein wenig zum Wanken. Am Anfang stand nämlich nur die Idee einer Realschule in Gilching. Doch mittlerweile hat diese Idee seine Fühler nach mehr ausgestreckt. Mehr bedeutet hier: Weg mit alten Schulkomplexen und der Abgrenzung unteinander, her mit dem offenen Schulgebäude für alle. Neu ist der Vorschlag einer Realschule in Gilching allerdings nicht - bereits 2014 hatten die Freien Wähler und die CSU diese Idee in ihren Wahlprogrammen integriert. Doch die Idee eines gemeinsamen Schulkomplexes ist neu.
Gilchings Vielleicht-Realschule
Kerstin Königbauer, Sophie Hüttemann, Selina Rieger, Nico Koch und Christian Winklmeier sind die Querdenker, die es sich zum Ziel gesetzt haben, eine Realschule in Gilching anzusiedeln. In ihrer Petition "Realschule in Gilching!" fordern sie verschiedene politische Ebenen dazu auf, zu prüfen, inwiefern eine Reaschule in Gilching angesiedelt werden kann. "Natürlich hätten wir auch einen Antrag stellen können, wir wollen aber mit den Unterschriften zeigen, das Bedarf da ist. Die Petition ist die Plattform hierzu", erklärte Winklmeier. Ganz konkret soll bei "Realschule in Gilching!" auch der Vorschlag überprüft werden, ob eine Realschule auch in den eventuell freiwerdenden Räumlichkeiten des Christoph-Probst-Gymnasiums (kurz CPG) integriert werden kann. "Wenn das Gymnasium in Herrsching einmal fertiggestellt ist, werden sicherlich einige zukünftige Gymnasiasten und auch aktuelle Schüler von Gilching nach Herrsching abwandern", vermutet Christian Winklmeier. Das neue Gymnasium in Herrsching solle voraussichtlich im Herbst 2023 fertiggestellt werden und Platz für bis zu 800 Jugendliche bieten.
In Gilching besuchen aktuell 228 Schüler aus Herrsching, 108 aus Inning, 142 aus Seefeld, 126 aus Weßling und 145 aus Wörthsee das CPG. Ein Groß der Kinder und Jugendlichen kommt mit 507 Schülern aus Gilching, ein kleinerer Teil der Schüler aus Andechs mit rund 20 Schülern, die restlichen verteilen sich auf Nachbargemeinden, die nicht im Landkreis Starnberg sind. Insgesamt sind derzeit 1.331 Schüler am CPG.
"Schaut man sich diese Zahlen an, ist klar, dass viele Schüler in den großen Schulkomplex nach Herrsching gehen werden. Sie sparen sich somit auch einen längeren Anfahrtsweg", erklärt Winkelmeier. Auch seien die Schülerzahlen mit der Einführung des G8 im Jahre 2010 ein wenig gesunken. Besuchten 2008 noch 1.510 Schüler das CPG waren es bereits 2018 nur noch 1.331 Schüler. "Die Zahlen zeigen, dass sich hier noch einiges verändern wird", so Winklmeier.
Raum für ein Miteinander
Umgekehrt pendeln von Gilching in die Realschule nach Herrsching täglich 303 junge Gilchinger (Stand Oktober 2019). Auch die Realschule in Herrsching würde so an ihre Kapazitätsgrenzen kommen. In Herrsching werden derzeit circa 900 Schüler unterrichtet.
Die Initiatoren der Petition haben sich nicht nur aufgrund der Zahlen dazu entschieden, den Gedanken einer eigenen Realschule für Gilching voranzutreiben. Einige sind oder waren selbt von der Pendelei betroffen und wünschen sich auch angesichts der stetig wachsenden Einwohnerzahl Gilchings eine Lösung für zukünftige Realschüler. "Wenn also einige Schüler nicht mehr nach Gilching pendeln, weil sie das neue Gymnasium in Herrsching besuchen, dann könnten wir die freigewordenen Kapazitäten im CPG für die Gilchinger Realschüler nutzen", so Winklmeier. Konkret heißt dieser Traum: Ein Schulgebäude, für verschiedene Schularten. "Ich sehe kein Problem darin, dass sich Realschüler und Gymnasiasten den Schulkomplex teilen. Unterrichtsräume werden dann nicht nur nach Klasse, sondern auch nach Schule geteilt", so Winklmeier. Das CPG kennt Winklmeier übrigens nicht nur von außen: Er war selbst jahrelang Schüler dort und machte hier auch sein Abitur.
Bitte prüfen!
"Uns geht es nicht darum, eine Verschmelzung der Schulen zu erzwingen, wir wünschen uns nur, dass alle vorhandenen räumlichen Möglichkeiten geprüft werden, bevor man für viel Geld eine neue Realschule baut", wünscht sich der Ex-Gymnasiast. Doch Winklmeier sieht nicht nur einen Vorteil in punkto Kostenersparnis, sondern auch auf sozialer Ebene. "Eine gemeinsame Schule ist auch für das soziale Gefüge der Gemeinde ein großer Vorteil. Schüler verschiedener Schulformen verbringen gemeinsam Zeit z.B. in den Pausen und kennen sich. Das schweißt eine Gemeinde nachhaltig zusammen", sagt er. Dieses Schulsystem könnte also ein Vorreiter sein in Sachen Geld- und Platzersparnis. Aber auch in punkto Schubladendenken sei dies eine gute Möglichkeit, eine Gesellschaft von der Wurzel an toleranter zu machen. Noch bis Juni 2020 kann die Petition unterschrieben werden. Im Anschluss wird sie dem neuen Bürgermeister sowie dem Landrat übergeben.
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