"Nicht über uns, sondern mit uns"
Internationaler Tag der Menschen mit Behinderungen
Wir können Türen öffnen, einfach hingehen, wohin wir wollen, werden nicht unauffällig angeschaut oder gar angestarrt. Für viele Menschen ist der Alltag einfach "ganz normal". Keine besonderen Einschränkungen, keine lange Planung bei Reisen: Einfach ins Auto setzen, in den Flieger steigen oder zum Konzert gehen und den Tag genießen. Doch es gibt Menschen, die genau diese Dinge nicht einfach so machen können. Sie haben eine körperliche Einschränkung, die es ihnen nicht immer ermöglicht, ihren Alltag problemfrei zu meistern. Schuld daran sind nicht die Menschen selbst, sondern das Umfeld. Nicht-barrierefreie, öffentliche Gebäude, ein schwieriges Vorankommen im Straßenverkehr oder einfach auch nicht die Möglichkeit ein Hindernis zumindest mit einem Hinweis überwinden zu können. Das Rathaus in Gilching ist hier ein Vorreiter in Sachen Barrierefreiheit. Sowohl, Rollstuhlfahrer als auch Menschen mit Seh- oder Höreinschränkungen können hier am politischen Geschehen der Gemeinde teilhaben. Nicht umsonst finden hier mittlerweile auch zahlreiche Veranstaltungen statt, die dann wirklich auch alle Interessierten verfolgen können. Nicht überall ist es so und noch immer gibt es viel zu tun in Sachen Inklusion. Zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung trafen sich Betroffene und Unterstützer aus dem Landkreis im Rathaus Gilching. Bei einer Podiumsdiskussion erklärten politisch engagierte Menschen mit Handicaps, was sie sich wünschen würden. Von anderen Betroffenen, von der Politik und von ihren Mitmenschen.
Alles, nur keine Randgruppe
Eine Einschränkung kann viele Gesichter haben. Zumeist haben nicht betroffene Menschen einen Rollstuhl sofort vor Augen, wenn es um das Thema Einschränkungen geht. Doch können auch Personen eine sprachliche Einschränkung haben, sodass ihnen der Zugang zu Medien und Informationen erschwert wird. Auch das Gehör kann eine Einschränkung sein und nicht mehr so funktionieren, wie es bei anderen Menschen das tut. Das stellten die Diskussionsteilnehmer im Rathaus fest. Daher müsse man auch an aller erste Stelle daran arbeiten, die vielen Facetten einer Einschränkung wahrzunehmen. Peter Unger (Bündnis 90/Die Grünen und Gemeindrat in Gilching), Nico Wunderle (Mitglied der SPD Starnberg), Holger Kiesel (Behindertenbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung), Ulrich Schleich (CSU Altenstadt), Willi Neuner (ÖDP) und Claus Angerbauer (SPD) stellten dies nicht nur einstimmig fest, sondern wollten auch durch ihre persönlichen Erfahrungen Einblicke geben, was alles möglich ist - trotz Einschränkung. Moderiert wurde die Veranstaltung von der Journalistin Zuhal Mössinger-Soyjan. Hierbei ging es nicht nur darum, dass Umfeld barrierefrei zu gestalten, sondern Menschen mit ähnlichen Lebenssituationen auch zu mehr politischer Teilhabe aufzurufen, "Inklusion ist keine Einbahnstraße, da muss der Mensch auch was tun", sagte Peter Unger zu diesem Thema. Sprich: Man könne nicht erwarten, dass sich etwas ändere, wenn man nicht selbst etwas versucht zu bewirken.
Bitte keine Quote
Eine weitere Frage, die an die Diskussionsrunde gestellt wurde war, ob man eine Art "Behindertenquote" einführen solle, ähnlich wie die Frauenquote, um mehr Betroffene in den verschiedenen Ämtern positionieren zu können. Holger Kiesel hatte zu diesem Thema eine ganz klare Haltung: "Man kann aktive Teilhabe doch nicht erzwingen!" Das sahen auch seine politischen Kollegen so. Man müsse als Betroffener selbst ein Vorbild sein, aktiv sein und zeigen, dass eine Einschränkung einen nicht daran hindert, aktiv und engagiert zu sein. "Man ist ja ein ganz normaler Mensch", so Unger. Außerdem fügte er hinzu, dass man Menschen mit Handicaps auch mal kritisieren dürfe, für ihre Meinung oder ihre Vorschläge. Auch Claus Angerbauer hatte zu letzterem die Erfahrung gemacht, dass Menschen sich nicht trauen würden, ihn für seine Meinung auch einmal zu kritisieren.
Keiner der Betroffenen wünscht sich eine Behandlung mit Samthandschuhen oder gar eine Extrawurst - sie wollen alle nur eines: Eine gleiche Behandlung für alle. Egal ob mit oder ohne Handicap. Der Rest, ergebe sich danach von ganz allein.
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