Neues Bauen im historischen Bestand
Wifo-Gelände soll Heimat von Künstlern, Kreativen und Sportlern werden
Zäune und Stacheldraht riegeln das ehemalige Kasernengelände im Kreuzlinger Forst ab. Ab und an geht ein Spaziergänger mit seinem Hund vorbei. Vor zwölf Jahren hat die Stadt Germering das Gelände erworben. In ein paar Jahren soll nach der „Militärkonversion“ im Rahmen der Städtebauförderung hier der Mittelpunkt des kreativen Lebens Germerings pulsieren, ein allen Bürgern offenstehender Ort der Begegnung und der Kommunikation, der sich gegen Ausgrenzungstendenzen richtet – so heißt es auf der Homepage der Stadt. Germering möchte das Areal in einen Standort für Kultur, Kreativwirtschaft, Sport und Freizeit umwandeln. 2021 soll damit begonnen werden.
Was entstehen und wie es einmal aussehen wird, steht fest. Nachdem die Stadt 2014 ein Nutzungskonzept erarbeitet hatte, reichten 16 Architekten ihre Ideen ein. Sie hatten die Aufgabe die fünf alten Gebäude (Verwaltung, Labor, Wache, Fahrzeughalle und Feuerwache) auf dem 26.700 Quadratmeter großen Wettbewerbsgrundstück, die als Zeitzeugnis für Germering erhalten bleiben sollen, mit modernen Elementen und Neubauten zu ergänzen - „neues Bauen im historischen Bestand“, nannte die Stadt die Aufgabe. Am Besten hatte der Jury der Entwurf des Büros „Beer Bembe Dellinger Architekten und Stadtplaner GmbH“ aus Greifenberg sowie BEM Landschaftsarchitekten und Stadtplaner (München) gefallen. Auch die Bevölkerung hatte sich die Entwürfe im Foyer der Stadthalle anschauen können. „Mit Leichtigkeit und ohne jegliches Pathos“ lobten die Preisrichter den Entwurf der Greifenberger. Der Neubau in Form eines langgestreckten Pavillons mit Holz-, Stahl- und Glaselementen überzeugte durch seinen „zurückhaltenden architektonischen Ausdruck“. Kritisiert wurden lediglich die Distanz zwischen Sanitäranlagen und Sportflächen (Turnhalle, Tartanbahn, Tischtennis-, Fußball-, Handball-, Basketballplatz) sowie die Verteilung der rund 15 Atelierräume auf drei Gebäude.
Es sollen Ateliers, Räume für Kurse und Ausstellungen sowie Freiflächen für einen Skulpturengarten und Bildhauerarbeiten entstehen. Außerdem wird es Proben- und Übungsräume für die Musikschule, Orchester und Chöre geben sowie ein Bürgerhaus als „Ort des künstlerischen, kreativen, musikalischen und sportlichen Austauschs und der Kommunikation“. Gemeinsames Schreinern, Töpfern, Malen oder andere Fertigkeiten könnten in den Werkstätten vermittelt werden. Gründer aus der Kreativwirtschaft sollen im Gründerzentrum eine Heimat finden. Wegen der Veranstaltungen müssen 100 Stellplätze und 80 Radlabstellplätze nachgewiesen werden.
46 Meter lange Treibstofftanks
Die Anfänge der Kaserne reichen ins Jahr 1934. Damals wurde hier ein Großtanklager für militärische Zwecke errichtet. Die Berliner GmbH für Wirtschaftsforschung, hinter der Reichsregierung und Wehrmacht standen, war Bauherrin. Seitdem wird das Gelände „Wifo“ genannt. Es waren gigantische Tanks, die in das Erdreich versenkt wurden. In 15 Metern Tiefe lagerte der 46 Meter lange und zehn Meter breite Wifo I-Tank. Ein Bahnhof, an dem das Rohbenzin für die Veredelung in Flugbenzin in das Tanklager geschafft wurde, entstand und die Wifo-Werkssiedlung für die Angestellten. Nach dem Krieg nutzte die US-Armee das Tanklager bis 1972. Hier wurde nicht nur Treibstoff gelagert, sondern es fanden Schulspeisungen statt und im Sommer wurde das Löschwasserbecken als Pool für die Jugend frei gegeben. Auch der „Texas Club“ in einer Baracke war ein Anziehungspunkt für die heimische Bevölkerung. 1963 wird aus Wifo II der Bundeswehrstandort „Krailling Süd“ für Pipeline-und Eisenbahn-Pioniere. Als Bundeswehrstandort „Krailling Nord“ zieht 1975 die Pionier-Ausbildungskompanie in die Gebäude ein. Von 1983 bis 1990 übernahmen die „Heros“ die Gebäude zum Aufbau eines digitalen Heeres-Führungs- und Informationssystem. Von 1993 bis 2005 lebten Asylbewerber im Wifo-Labor- und Verwaltungsgebäude. Im Gebiet Wifo II liegt heute der Gewerbe-Park KIM.
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