"Das lässt Gutes erwarten!"
Das Handwerk bommt - nur der Fachkräftemangel bremst
Mehr denn je steht das Handwerk auf dem sprichwörtlichen goldenen Boden: 91 Prozent der Betriebe in München und Oberbayern rechnen jetzt am Jahresanfang mit einer weiterhin guten Geschäftslage. In den letzten Jahren ist dieser „Geschäftsklimaindex“ stets nach oben geklettert. Das Handwerk fühlt sich also nicht nur gut, sondern sieht seine Erwartungen im Nachhinein auch bestätigt. „Dieser Einstieg lässt Gutes erwarten“, freute sich Handwerkskammerpräsident Franz Xaver Peteranderl bei der Vorlage der neuen Zahlen. Nur eines trübt die Freude über die stabilen Lage: die spürbaren Schwierigkeiten, Nachwuchs und Fachkräfte zu finden.
Stabile Lage
Fast 300.000 Menschen sind im Münchner und oberbayerischen Handwerk beschäftigt. Sie können optimistisch in die Zukunft sehen: "Nach einem starken 2017 stehen die Zeichen im oberbayerischen Handwerk weiter auf Wachstum", unterstrich Handwerkskammerpräsident Franz Xaver Peteranderl bei der Präsentation der neuesten Konjunkturzahlen. Zur Kammer gehören 79.700 Betriebe in München und in Oberbayern. 91 Prozent von ihnen rechnen im 1. Quartal 2018 mit einer guten oder befriedigenden Geschäftsentwicklung. Das ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eine Verbesserung um drei Punkte. "Die Betriebe blicken äußerst optimistisch auf die nächsten Wochen und Monate. Niedrige Zinsen, steigende Einkommen und die stabile gesamtwirtschaftliche Lage geben der Handwerkskonjunktur Rückenwind", sagte Peteranderl. Im Jahresschnitt wurde mit 92 Punkten sogar eine neue Bestmarke erreicht.
Volle Auftragsbücher
Im Jahresdurchschnitt waren die Kapazitäten des oberbayerischen Handwerks zu 81 Prozent ausgelastet. Einen solchen Wert gab es zuletzt während der Wiedervereinigung. Die Betriebe haben aktuell im Schnitt Arbeit für die nächsten 7,5 Wochen – eine halbe Woche mehr als vor einem Jahr. Im Gesamtjahr 2017 erwirtschafteten die Betriebe im Kammerbezirk etwa 38,5 Milliarden Euro. Das entspricht einem Umsatzplus von 4,5 Prozent.
Die positive Grundstimmung zeigte sich auch in den getätigten Investitionen: 305 Millionen Euro gaben die Handwerksbetriebe im 4. Quartal für neue Gebäude, Maschinen oder Fahrzeuge aus. Das ist ein Zuwachs um 5,4 Prozent.
Spürbare Lücken
Für 2018 rechnet das Münchner und oberbayerische Handwerk mit einer weiterhin guten Konjunkturentwicklung: Der Umsatz dürfte um drei bis vier Prozent zulegen, die Zahl der Beschäftigten wie 2017 wieder um ein Prozent steigen.
Erfreut zeigte sich Peteranderl über die neuesten Ausbildungszahlen: Bis Ende 2017 hatten im Kammerbezirk gut 9.700 junge Menschen einen Lehrvertrag bei einem Handwerksbetrieb unterschrieben. Das ist ein Plus von 1,1 Prozent. "Dem gegenüber stehen allerdings 1.600 unbesetzte Ausbildungsplätze, für die unsere Handwerksbetriebe im vergangenen Jahr keine geeigneten Bewerber gefunden haben", sagte der Kammerpräsident, der auf den weiter spürbaren Fachkräftemangel verwies. Diese Lücke werde nicht zwangsläufig dazu führen, dass die Preise für den Verbraucher steigen - sie müssten aber damit rechnen, künftig länger warten zu müssen, bis ein Auftrag erledigt werden könne.
"Der Wettbewerb um Nachwuchs wird schärfer"
Handwerkskammerpräsident Franz Xaver Peteranderl verweist auf das Fehlen von Personal:
"Angesichts voller Auftragsbücher fehlen uns zunehmend die Fachkräfte. Ein Problem stellen hierbei nicht nur der leer gefegte Arbeitsmarkt und der immer schärfere Wettbewerb um Berufsnachwuchs dar, sondern auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den Betrieben abgeworben werden. In einer Online-Umfrage erklärte jeder vierte befragte Betrieb, 2017 Mitarbeiter an Firmen aus der Industrie oder einen anderen Wirtschaftsbereich verloren zu haben. Um ihre Aufträge auch weiterhin zu schaffen, setzen die Handwerksbetriebe in München und Oberbayern vor allem auf Mehrarbeit, wollen verstärkt ausbilden, die vorhandenen Mitarbeiter weiterqualifizieren und ältere Fachkräfte länger im Unternehmen halten."
"Die Betriebe leiden darunter"
Handwerkskammerpräsident Franz Xaver Peteranderl fordert mehr Flächen für Wohnungsbau:
"Gerade im Großraum München verschärft sich durch den massiven Zuzug der Mangel an bezahlbaren Wohnraum stetig. Um dies zu bekämpfen, müssten zusätzliche Flächen für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden. Gerade kleine und mittlere Betriebe des Handwerks leiden darunter, dass sich immer weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die hohen Mieten leisen können. Bezahlbarer Wohnraum kann auch als Mittel gegen Nachwuchs- und Fachkräftemangel dienen.
Den Städten und Gemeinden in der Region muss die Möglichkeit gegeben werden, zu wachsen und Druck von den Metropolregionen zu nehmen Dafür muss Bauland für Wohnraum und Gewerbeflächen ausgewiesen werden. Kurze Wege ermöglichen es dem Handwerk, seiner Rolle als Versorger, Arbeitgeber, Ausbilder und Dienstleister bestmöglich nachzukommen."
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