"Das Geld kommt der gesamten Münchner Bevölkerung und Wirtschaft zugute"
Bürgermeister Schmid erklärt, warum Geschäfte vor Ort wichtig für eine Stadt sind
Welche Bedeutung haben Geschäfte vor Ort, welchen Beitrag leisten sie für eine vielfältige Stadtgesellschaft? Josef Schmid von der CSU, zweiter Bürgermeister und Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft in München, hat den Münchner Wochenanzeigern Fragen zur Bedeutung des stationären Einzelhandels beantwortet.
"Das Wichtigste in der Nähe haben"
Herr Schmid, wie schätzen Sie die momentane Lage des lokalen Münchner Einzelhandels ein?
Josef Schmid: Die Lage im Münchner Einzelhandel ist aktuell sehr gut. Für dieses Jahr wird mit einem Umsatz von etwa 10,6 Milliarden Euro gerechnet, wobei ca. 10 Prozent auf den Online-Handel entfallen. Mit Hilfe des Zentrenkonzepts haben wir es geschafft, dass München nicht nur über eine attraktive Innenstadt, sondern auch über attraktive Stadtteilzentren verfügt. Das ist mir besonders wichtig. München ist bekanntlich eine wachsende Stadt und wir müssen darauf achten, dass die Infrastruktur mitwächst. Jeder Münchner sollte die wichtigsten Geschäfte in seiner näheren Umgebung haben.
"Hohe Lebensqualität"
Welche Vorteile ergeben sich für eine Stadt wie München aus einem vielfältigen stationären Einzelhandel?
Josef Schmid: Nur mit einem lebendigen Einzelhandel bleibt München eine attraktive und belebte Einkaufsstadt. Die hohe Lebensqualität Münchens speist sich nicht zuletzt daraus, dass die Münchnerinnen und Münchner auf ein vielfältiges und wohnortnahes Angebot an Waren zurückgreifen können.
2,4 Milliarden Euro Steuereinnahmen
Welche Summen fließen z.B. über die Gewerbesteuer von den Einzelhändlern in die Kassen der Stadt?
Josef Schmid: Das Gewerbesteueraufkommen aus allen Branchen beträgt in diesem Jahr voraussichtlich ca. 2,4 Milliarden Euro. Das sind beachtliche 40 Prozent des Gesamthaushalts der Stadt München.
Geld für Schulen, Straßen, Wohnungen
In was wird das so eingenommene Geld investiert? Welche Projekte könnte man alleine mit diesen Einnahmen stemmen?
Josef Schmid: Die Gewerbesteuereinnahmen fließen zentral in den städtischen Haushalt, die Steuern können also nicht einzelnen Projekten zugeordnet werden. Aus dem Stadthaushalt werden neben den Ausgaben für die laufende Verwaltung auch die Investitionen in die Infrastruktur bestritten. Zu nennen sind da beispielsweise der Wohnungsbau, die Sanierung von Schulgebäuden, der Ausbau der Kinderbetreuung sowie Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Das eingenommene Geld kommt also der gesamten Münchner Bevölkerung und Wirtschaft zugute.
"Seit jeher im Wandel"
Wo und wodurch sehen Sie den lokalen Ladenverkauf derzeit bedroht? Welche Rolle spielt dabei der Online-Handel?
Josef Schmid: Der Einzelhandel befindet sich seit jeher im Wandel, da er im kontinuierlichen Wettbewerb um Kunden steht. Lage, Erreichbarkeit, Angebotsvielfalt, Produktqualität, Preise und Ideen sind hier die Schlüssel zu einem erfolgreichen Geschäft. Insbesondere der Service lebt von qualifiziertem Personal, das immer schwerer zu finden ist. Auch die Suche eines Nachfolgers von inhabergeführten „kleineren“ Geschäften stellt ein Problem dar. Die Rolle des Online-Handels sehe ich differenziert: Die demographische Entwicklung in München verbreitert auf Dauer die Kaufkraftbasis. Dadurch hat der lokale Ladenverkauf grundsätzlich die Chance, trotz steigender Umsatzanteile des Online-Handels weiter sehr erfolgreich zu sein. Aber klar ist auch: Die Digitalisierung verändert das Kundenverhalten und wird dadurch zu einer Herausforderung, der sich der stationäre Handel stellen muss. Für den stationären Handel werden individuelle Lösungen gefragt sein, die die jeweiligen Stärken mit den Vorteilen des Onlinehandels verbindet.
"Ich setze mich persönlich dafür ein"
Wie kann eine Kommune ihre Einzelhändler unterstützen? Kann sie zu mehr Steuergerechtigkeit beitragen, so dass lokale Einzelhändler und – oft subventionierte – Online-Giganten gleich behandelt werden?
Josef Schmid: Das große Thema der Steuergerechtigkeit ist je nach Sitz des Unternehmens Gegenstand der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland oder zwischenstaatlicher Verträge. Die Landeshauptstadt München hat da als Kommune nur einen sehr begrenzten Gestaltungsspielraum. Die Stadt München wird mit ihrem Zentrenkonzept aber weiter dafür sorgen, dass keine Einzelhandelsprojekte auf der Grünen Wiese entstehen.
Im Rahmen der Sanierungsgebiete Pasing, Trudering und Neuaubing-Westkreuz unterstützt die Stadt München mit dem Förderprogramm „Aktive Zentren“ ausdrücklich den lokalen Einzelhandel. Ich persönlich werde mich weiter dafür einsetzen, dass bei allen Verkehrsplanungen immer auch an die Erreichbarkeit der lokalen Geschäfte gedacht wird und auch die nötigen Parkplätze nicht vergessen werden.
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