Auf Zeitreise mit Franz Krammer
Ein Herzensort seit 125 Jahren in Familienhänden

Um die Kirche St. Peter und Paul kümmert sich nach wie vor Franz Krammer. (Bild: Huss-Weber)
Noch heute, nach 50 Jahren, freut sich Franz Krammer, Mesner aus dem Ortsteil Holzkirchen in Alling, über den Anblick "seiner" Kirche. Der heute 85-Jährige ist dort Mesner und trat damit in die Fußstapfen seines Großvaters und seines Vaters, denn seit gut 125 Jahren pflegt die Familie Krammer die Kirche St. Peter und Paul.
Eine Familienangelegenheit
Von der Küche aus kann Franz Krammer auf die Filialkirche Holzkirchen blicken. Dort, kurz nach dem Ortseingang auf der rechten Seite, war er bereits als Kind oft anzutreffen. "Früher war die Kirche ein Treffpunkt. Man hat sich am sogenannten 'Buckal' getroffen. Die Kinder haben dort gespielt und die Leute kamen auf einen Ratsch zusammen", blickt der Rentner zurück. Er selbst hat schon als Kind viele Stunden in der Kirche und auf dem Buckal verbracht, waren doch bereits schon sein Großvater Ferdinand und dann sein Vater Florian dort Mesner. Letzterer übernahm 1921 das Mesneramt mit seiner Frau Maria. Als dann 1967 der Vater starb, war klar: Sohn Franz wird weitermachen. "Der damalige Kirchenpfleger kam recht schnell auf mich zu und fragte an, ob ich das nicht übernehmen könnte", erinnert sich Krammer. Für den jungen Mann und auch für seine leider bereits verstorbene Frau Josefine damals eine Selbstverständlichkeit, hatte er doch seine Taufe, Kommunion, Firmung und die eigene gemeinsame Hochzeit in der Kirche. "Meine Frau hat mir immer sehr geholfen in der Kirche, dafür bin ich ihr noch heute dankbar", blickt Krammer auf die gemeinsame Zeit zurück.
Seitdem kümmerte sich Franz Krammer um die kleine Kirche. Auch noch nach 50 Jahren würde es ihm viel Spaß machen, sie schön zu schmücken. "Besonders gerne schmücke ich die Kirche immer an Weihnachten", verrät er. Dann werden Weihnachtssterne dekorativ angeordnet, Weihnachtsschmuck aufgestellt und schön in der Kirche arrangiert.
"Mesner tu den Hund weg!"
In 50 Jahren Mesneramt hat Franz Krammer auch schon einiges erlebt: Einmal sei ein Brautpaar erst gar nicht zur eigenen Hochzeit erschienen, ein anderes Mal habe ein Brautpaar das Läuten um 13.45 Uhr völlig überhört und versunken den kleinen Teich im Ortsteil Holzkirchen betrachtet. Letzteren rief der damalige Pfarrer Sebastian Fechl zu, ob sie heute noch heiraten wollen würden. "Die Beiden hatten völlig die Zeit vergessen", fügt Krammer hinzu. Geheiratet sei dann doch worden.
Eine weitere Anekdote hat Krammer erlebt, als eine Messe in der Kirche ausgerichtet wurde. Franz Krammer als Mesner stand links vom Altar und wartete darauf, dem Pfarrer an entsprechender Stelle zu helfen. Soweit kam es aber nicht. "Erst habe ich gar nicht richtig verstanden, was er wollte", schmunzelt Krammer. Immer wieder habe der Pfarrer gesagt: "Mesner, tu den Hund weg!" Doch Franz Krammer konnte erst nicht zuordnen, was der Pfarrer meinte. "Dann habe ich ihn gesehen: Unser kleiner Hund ist mir vom Bauernhof nachgelaufen und war auch in die Kirche gekommen", erzählt er. Der Spitz habe sich zwischen den Besuchern des Gotteshauses eingefunden, er musste jedoch gehen. Für ihn gab es keinen Gottesdienst.
Heute wie damals
Nachdem sich der Pfarrverband Eichenau-Alling gegründet hatte, wurden die Messen in der Holzkirchener Kirche weniger. Nichtsdestotrotz sperrt Krammer täglich die kleine Kirche auf. "Es ist noch immer einiges los", verrät der Mesner. An schönen Tagen würden zahlreiche Spaziergänger dieses Kleinod aufsuchen. Ein Grund dafür dürfte auch die schöne Gestaltung der Kirche sein sowie eine echte Rarität, die der Mesner hier aufgestellt hat: Eine alte, automatische Kirchturmuhr. Sie war früher für das Glockenläuten zuständig. Als dann alles automatisch und per Elektronik ging, hatte sie ausgedient. Franz Krammer nahm sich ihrer an, reinigte sie und gab ihr eine zweite Heimat in der Kirche. "Man muss sie händisch aufziehen aber dann funktioniert sie einwandfrei", freut sich Franz Krammer über dieses Unikat.
Der Ausblick auf morgen
"Eigentlich wollte ich zum Jubiläum aufhören", verrät Krammer. Eigentlich. Doch es sei kein Nachfolger zu finden gewesen. "Es ist eine schöne und vielseitige Aufgabe, was man als Mesner machen muss. Natürlich braucht es Leidenschaft und Engagement, aber man hat trotzdem noch genügend Zeit, für Beruf und Familie", beschreibt er seine Tätigkeit. Franz Krammer übte bis zu seiner Rente das Mesneramt neben seinem Beruf als Landwirt aus. "An den Wochenenden ist man öfters in der Kirche, natürlich dann, wenn Messen oder Hochzeiten sind", erklärt er. Ein bisschen Sorge bereite ihm das schon, dass es keinen Nachfolge-Mesner gibt. "Mein Sohn hilft mir jetzt am Wochenende", sagt Krammer. Doch er wünsche sich für die Zukunft, einen festen Mesner für seinen Herzensort zu finden. "Ich war immer gerne Mesner", erzählt er. Sein größter Lohn sei es gewesen, wenn alles rund um Gottesdienste und Hochzeiten geklappt habe. "Auch heute noch freut es mich, wenn Menschen bewundernd unsere Kirche bestaunen", verrät er. Jetzt fehlt nur noch ein Nachfolger. Bis dahin wird Franz Krammer weiterhin täglich seine Kirche aufsperren, sie liebevoll dekorieren und nach dem Rechten sehen.
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