Auf den Spuren von Karl dem Großen
Mit der Natur im Herzen wandelt Elisabeth Doll auf vergessenen Pfaden
Eine kleine Straße schlängelt sich von dem Dorf Marnbach, das zur Stadt Weilheim gehört, hoch zum Wieshof von Familie Doll. Hier lebt die Kräuterpädagogin und zertifizierte Gartenbäuerin Elisabeth Doll mit ihrem Mann und den Kindern. Auf dem Einsiedlerhof mit idyllischem Blick auf die Viehweiden gibt es neben den Pensionskühen und der Naturküche der Hofbesitzerin einen historischen Garten, in dem man auf den Spuren von Karl dem Großen wandeln kann.
Der grüne Daumen
Im Herzen des Hofes liegt ein kleines Gewächshaus. Selbst im Februar wachsen hier verschiedene Gemüsesorten, bei deren Zucht Elisabeth Doll der Natur freien Lauf gelassen hat. "Ich schaue immer erst, ob man es essen kann und was es dem Körper Gutes tut, bevor ich eine Pflanze als Unkraut abstemple und herausreiße", erklärt die erfahrene Kräuterkundlerin. So wächst selbst im Februar im warmen Gewächshaus Mizuna, ein asiatischer Salat, der dem Geschmack von Rucola ähnelt. Außerdem gedeiht Vogelmiere. Diese verarbeitet Doll zu Salben. "Vogelmiere ist gut bei juckender oder trockener Haut", weiß sie.
Auf dem ganzen Hof findet man immer wieder kleine Kräuter- und Gemüsebeete, in denen nicht etwa die Vorboten des Frühlings sprießen, sondern echtes Wintergemüse der harten Jahreszeit trotzt. Mangold, wilder Schnittlauch, verschiedene Minzsorten, Pastinaken, Knollenziest und wilder Kohl gedeihen hier prächtig. "Sicherlich spielt der lange, recht milde Winter eine große Rolle", führt Doll an. Bei ihren Gemüse- und Kräutersorten handelt es sich um "vergessene Schätze des Gemüsebeetes", die seit langem existieren. Sie sind fast alle winterhart: Gemüse, das in der kalten Jahreszeit den Speiseplan aufwertet.
Das Gute vor der Haustür
Seit elf Jahren ist Elisabeth Doll Kräuterpädagogin und Gartenbäuerin. "Nachdem die Kinder nach und nach groß geworden sind, habe ich mich mehr für die heimische Flora und Fauna interessiert und bin dann bei zwei Fortbildungen zur Kräuterpädagogin und Gartenbäuerin gelandet", blickt sie zurück. Kein Problem für die dreifache Mutter: Als gelernte Hauswirtschaftsmeisterin hatte sie schon immer ein Händchen und Gefühl für die heimische Küche. Die Kräuterkunde war da nur noch das Sahnehäubchen, das vorhandenes Wissen ergänzte. Dass sie jedoch einmal einen historischen Garten haben würde, hätte sie nicht gedacht.
Die Oldtimer der Kräuter
Seit 2017 hat Doll diesen besonderen Garten. Er wurde zusammen mit einem Gartenbaustudenten nach den Vorgaben von keinem Geringeren als Karl dem Großen angelegt. Er war von 768 bis 814 König des Fränkischen Reichs und erlangte als erster westeuropäischer Herrscher seit der Antike die Kaiserwürde. Doch war er nicht nur berühmt für seine Feldzüge, sondern auch für seine Weitsicht: Er hatte genaue Vorstellungen davon, was, wo und wie angebaut werden soll. Daran orientiert sich der historische Kräuter- und Gemüsegarten von Elisabeth Doll. "Hier gibt es längst vergessene alte Salat- und Gemüsesorten und Wildobst", erzählt die Besitzerin. Karl der Große legte Wert darauf, Sorten anzubauen, die jeder schnell und leicht finden konnte und die vor allem verschiedenen Witterungen trotzten.
Öle, Salze und Gesundheit
Der gesamte Hof der Dolls ist in kleine Gärten unterteilt. In diesen wachsen Kräuter, die verschiedene Organe des menschlichen Körpers kräftigen. Man findet Beete mit Pflanzen gegen Frauenleiden, Beete, deren Kräuter der Lunge helfen und Ecken mit Pflanzen, die für eine schöne Haut sorgen. Elisabeth Doll verarbeitet die dort wachsenden Pflanzen in ihren Ölen, Salzen und Speisen. "Unsere heimischen Pflanzen sind so vielfältig und nährstoffreich, man braucht nichts aus Übersee einfliegen zu lassen, um sich gesund zu ernähren", weiß sie.
"Natürlich reicht unser Gemüseanbau nicht ganz aus, um über den gesamten Winter zu kommen, aber bis Anfang des Jahres können wir uns gut selbst versorgen", freut sich die Hauswirtschafterin. Wenn sie zukaufen müsse, achte sie auf Produkte aus der Region, kaufe beim Bauern oder auf dem Wochenmarkt ein. "Am schlimmsten sind für mich die vielen Plastikverpackungen und die langen Transportwege", so Doll.
Liebhaber des Gartens
Mit ihrer Einstellung ist Doll nicht alleine: Mit dem Verein "Gartenwinkel Pfaffenwinkel" haben sich noch mehrere Naturliebhaber und Pflanzenkundler zusammengeschlossen, um vergessene Pflanzen zu erhalten und einen umweltbewussten Umgang mit der Natur zu fördern. Von Uffing bis Bernried kann man verschiedene Gärten besuchen und bei Garten-Aktionen mitmachen.
"Wir müssen darauf achten, unsere heimische Vielfalt mehr zu achten", erklärt Doll. Steht man in ihrer Naturküche blickt man direkt auf die hügeligen Kuhweiden und das Gewächshaus. Eine Idylle, die frei von Plastik, Zusätzen und Konservierungsstoffen ist.
Infokasten
Gartenkultur regional: www.gartenwinkel-pfaffenwinkel.de oder www.die-gartenbaeuerin.de
Naturküche Wieshof: Elisabeth Doll, Wieshof 1, 82362 Weilheim/Marnbach. Oder unter www.naturkueche-wieshof.de im Internet.
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