"Lasst die Kreativen spinnen"
Originell belebte Innenstädte statt Geschäftseinerlei
Immer gleich aussehende Innenstadt-Geschäftsstraßen müssen nicht sein und das Argument, dass der Ort für Experimente zu klein sei, zählt auch nicht. Bei einer Diskussionsveranstaltung zum Thema „Kultur- und Kreativwirtschaft – unterschätzter Wirtschaftsfaktor mit gesellschaftlicher Wirkung“ unterstrichen die Experten diese Thesen. Architekt Jan Knikker, Director Strategy & Development beim niederländischen Architekturbüro MVRDV hatte verschiedene Beispiele mit an die Akademie für Politische Bildung nach Tutzing gebracht.
Ein Park auf einem Hausdach, ein gläsernes Bauernhaus, eine umgedrehte hufeisenförmige Markthalle, aber auch kleine Geschäftsstraßen mit viel „Grün“ und individuellen Geschäften, oder ein Quartier, das über Stege zu erreichen ist. Der Effekt dieser ungewöhnlichen Architektur ist frappierend. Vormals verwaiste Viertel würden plötzlich zu einem Publikumsmagnet und aus Innenstädten mit viel Leerstand gut besuchte Quartiere. Für die gwt (Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung im Landkreis Starnberg), Mitveranstalterin der Tagung, sind solche Aussichten Grund dafür Kreativität zu unterstützen und sich den Kulturschaffenden als Ansprechpartnerin und Unterstützerin anzubieten.
Auch wenn für Jan Knikker der Anblick des leeren Centrums und der leerstehenden Geschäfte in der Kreisstadt „traurig“ gewesen sei, bewegt sich doch einiges in Starnberg. Immobilienökomom Michael Ehret berichtete von seiner magentafarbenen zehn Meter hohen „Wiege von Starnberg“, die als Zwischennutzung auf einem Grundstück unweit des Museums, aufgebaut worden war. Von der hohen Warte aus sollten die Besucher einen Blick auf den durch die Bahnlinie zugebauten See werfen können. Die bürokratischen Hürden seien enorm gewesen, noch immer fehlte die Genehmigung die Wiege zu betreten aus dem Landratsamt, aber Landrat Stefan Frey konnte Ehret die frohe Botschaft überbringen, dass der Antrag „durch“ sei.
Vernetzung der Kulturbranche
„Lasst die Kreativen spinnen – immer nur das Gleiche, dann wird es langweilig“, resümierte der Gilchinger Kinobetreiber Matthias Helwig. Die Herrschinger Künstlerin Gesine Dorschner regte kleine Geschäftsstraßen mit individuellen kunsthandwerklichen Geschäften an, die nicht nur zum Einkaufen, sondern auch zum Begegnen einladen sollen. Gwt-Geschäftsführer Christoph Winkelkötter berichtete von dem „visionären“ Vorhaben am Moosanger in Starnberg.
„Wille und Mut“ seien notwendig, um etwas Besonderes zu realisieren, gab Carola Kupfer, Präsidentin des Bayerischen Landesverbands der Kultur- und Kreativwirtschaft zu. Und sie empfahl: „Klein anfangen und groß denken“. Schließlich sei die Kultur- und Kreativwirtschaft imagebildend für den Landkreis und ein unterschätzter Wirtschaftsfaktor. Damit Kreative „sichtbar“ würden, denn als Einzelkämpfer hätten sie wenig Durchsetzungsvermögen und würden oftmals ausgebeutet, sei eine Vernetzung notwendig. Kupfer stellte das „Regensburger Modell vor“. Aus allen Bereichen hätten sich Kreative zusammen gefunden, Sprecher gewählt und das Kreativforum als Verein gegründet. Die Folge: „Wir sind sichtbar geworden und werden als Experten in die Stadt- und Regionalplanung einbezogen“. Außerdem sei ein Netzwerk entstanden, „das in Krisenzeiten trägt“. Als nächste Schritte regte Helwig an, dass sich die Kreativen zusammen setzen und organisieren, um dann Visionen zu entwickeln“.
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